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aktualisiert 9.11.2014

 

 

Unsere erste Hälfte der Fahrsaison 2014 mit der Dagens 2

 

Hier einige Perlen - Kostbarkeiten der letzten Monate

 

 

 

 

"Erfahrung ist nicht das, was einem zustösst.

Erfahrung ist, was du aus dem machst, was dir zustösst".

Aldous Auxley

 

 

Am 1. April legten wir die Leinen los von unserem sehr abwechslungsreichen Winterquartier in Cergy. Das Wetter war uns wohlgesinnt und wir fuhren auf der Oïse in Richtung Conflans-Saint-Honorine. Dort füllten wir am Bunkerboot unsere Tanks mit Diesel, die vom Heizen im Winter her wirklich leer waren. Dann bogen wir in Richtung Le Havre auf die Seine ein, wo wir für einmal eines der kleineren Schiffe waren.

 

 

100 m lange Passagierschiff

 

 

Mehrere 110 m lange Hotelschiffe mit ihren rund 100 Passagieren an Bord, breite Schubverbände und hohe Containerschiffe waren auf der Seine in der Mehrzahl, und ab und zu mal wieder eine Péniche im Freycinet-Format von "nur" 40 Meter Länge.

 

 

 

 

Alles ist relativ. Trotz unserer grossen Nachbarn blieben wir in Vernon 3 Wochen, erlebten die Stadt und erkundeten die Umgebung. Eines schönen Tages gab der Tiefkühler seinen Geist auf und wir mussten ihn ersetzen. Nach einigem Recherchieren fanden wir ein Ersatzgerät mit denselben Massen in der übernächsten Stadt und konnten es mit einem Mietauto herbeischaffen.

 

 

 

 

Gut, dass es in der Nähe von Vernon noch verschiedene Kostbarkeiten zu entdecken gab: den Garten des Meisters des Impressionismus, Maler Claude Monet, im nahegelegenen Giverny oder die Ruine der imposanten Burg, die der englische König Richard Löwenherz in Les Andelys innert einem Jahr errichten liess, als er mit dem Frankenkönig um die Gebietsherrschaft in der Normandie stritt. Wir erreichten sie mit einer dreistündigen Velofahrt entlang der Seine.

 

 

 

 

Schloss Bizzy in Vernon und das örtliche Museum, ein Brass Band Konzert und eine Sonntagsshow eines kanadischen Clowns waren lokale Highlights. Vernon hat eine vorzügliche Bahnverbindung nach Paris, was uns erlaubte, dort Rita und ihre Tochter Kathrin zu treffen und mit ihnen den Garten und die Ausstellungsräume im Hotel Biron (Musée Rodin) des berühmten Bildhauers Auguste Rodin zu besuchen und danach durch den riesigen Stadtpark "Parc des Buttes Chaumont" zu schlendern, ein knapp 25 Hektar grosser Landschaftsgarten englischen Stils, der 1867 zur Weltausstellung unter Napoleon III. eröffnet worden war - alles bei schönstem und warmem Frühlingswetter. Zum Glück gabs ab und zu wieder ein Tisch mit Stühlen und gastronomischer Bedienung.

 

 

 

 

Nach Vernon reisten nach Ostern auch Ursula und Hansruedi an, kamen an Bord und reisten mit uns gemütliche vier Tage die Seine aufwärts und über die Oïse zurück nach Cergy. Unterwegs lernten wir zusammen die Ortschaften Mantes-la-Jolie und Triel-sur-Seine kennen und bestaunten beiderorts die enormen Kirchenbauten. Am Samstag verliessen uns Ursula und Hansruedi wieder und reisten zurück in die Schweiz.

 

 

 

 

Zur Auflockerung unseres gewöhnlichen Alltags hatte auf unserer Fahrt der Kühlschrank zu lecken begonnen. Er musste sich wohl während des vorgängigen Gefrierschrank-Ausfalls etwas überanstrengen. Dank IKEA in Franconville am nordöstlichen Rande von Paris konnten wir ihn von Cergy aus rasch ersetzen.
In Cergy hatte unser Bootsnachbar Serge verschiedene Freunde zu einem spontanen Konzert mit Musik aus allen Stilrichtungen geladen. Wir durften dabei sein. Es wurde sehr viel gelacht und gesungen.

 

 

 

 

Nach dem Wochenende ging die Fahrt auf der Oïse weiter nach Compiègne. In Compiègne merkten wir, dass die Batterie des Bugstrahlruders beim Ladevorgang zu heiss wurde und abgeschaltet werden musste. Die nachfolgende Strecke über Soissons, Berry-au-Bac, Reims, Châlons-en-Champagne und Épérnay nach Charenton-le-Pont bei der Einmündung der Marne in die Seine ob Paris mussten wir folglich ohne diese Hilfssteuerung allein mit Ruder und Hauptmotor bewältigen, wie wir das ja schon einmal auf der Fahrt nach Elburg trainiert hatten. Allerdings waren wir am Steuer bei der Einfahrt in die 5,2 Meter breiten Schleusen mit unserer Breite von 4,85 doch zusätzlich gefordert. Aber auch das ging gut. In Charenton-le-Pont bei PK Fluvial liessen wir die Batterie vom Bugstrahlruder auswechseln und die Sonnenkollektoren montieren, wie wir dies im Februar mit ihnen zusammen geplant hatten. Die Sonnenkollektoren und die erhöhte Speicherkapazität der Batterien erleichtern uns seither das Leben auf der Dagens 2 enorm und verleihen uns eine ganz andere Freiheit im Reisen durch Frankreich.

 

 

 

 

Angelegt am Schiff "Femmy" von PK Fluvial sahen wir schon beim Morgenessen zwischen Brücken und Häusersilhouette die Spitze des Eifelturms, ganze 14 Tage lang. Zwischen all den Bauarbeiten besuchten wir abends im Garten der Orangerie des Schlosses von Versailles bei sommerlichen Temperaturen das vom Bejart-Ballett aus Lausanne aufgeführte Programm "Boléro". Ein sehr schöner Augenschmaus.

 

 

 

 

Nach erfolgreich abgeschlossenen Installationsarbeiten verliessen wir PK Fluvial und reisten zurück, die Marne aufwärts, bis nach Vaires-sur-Marne. Dort erwarteten wir unsere nächsten Gäste aus der Schweiz: Rolf und Nicci mit ihren Kindern Anouk, Bastian und Linus. Zum ersten Mal waren wir "Hafen unabhängig" und genossen es so, im Grünen anliegen zu dürfen. Zum Auffüllen unseres Wasservorrates konnten wir in Absprache mit dem Schleusenwärter die Mittagspause nutzen, in die offene Schleuse einfahren, tanken und dann wieder rückwärts ausfahren. Es ist vieles möglich, wenn man miteinander spricht.

 

 

 

 

Mit der ganzen Freundesfamilie an Bord fuhren wir auf der Marne durch das Champagner Gebiet, anfänglich noch bei strömendem Regen und niedrigen Temperaturen, so dass wir sogar einmal abends heizen mussten, um alles wieder trocken zu kriegen. Aber schon bald konnten wir im Freien die feinen aus der Schweiz mitgebrachten Würste bräteln, auf dem Treidelpfad dem Kanal entlang spazieren und miteinander an Bord spielen. Von Châlons-en-Champagne aus machten wir einen Ausflug nach Verzy am Hang der Montagne de Reims. Dort gibt es eine einzigartige Ansammlung von knorrig wachsenden Buchen. Für die Holzverarbeitung waren sie unbrauchbar. Weil sie auf einem Klosterbesitz wuchsen, wurden sie nicht gerodet und durften zu heutigen Grossformen auswachsen. Beeindruckend. Sie entstanden aus einer spontanen (natürlichen) Genveränderung, sind grösstenteils unfruchtbar und vermehren sich wie Erdbeerpflanzen durch Ableger. Da ihre Stämme nur über viele Krümmungen in die Höhe wachsen, bilden die normal wachsenden Äste darüber ein Blätterdach, das wie ein aufgespannter Regenschirm aussieht und am Rand den Boden berührt.

 

 

 

 

In Châlons-en-Champagne war es dermassen sommerlich heiss, dass nur noch das uns umgebende Wasser Erholung verschaffen konnte. Wir falteten unser Beiboot "BRABO" auseinander, gingen rudern und baden. Das interessierte auch die holländisch Crew vom Schiff 't-Majeur, die per Zufall zur gleichen Zeit in Châlons für eine Nacht Halt machte. Es waren Michel und Rebecca, die wir schon im Jahre 2011 in Haarlem kennenlernen durften und seither immer mit ihnen Verbindung hielten. Michel auf Probefahrt.

 

 

Beiboot Brabo im Einsatz

 

 

Im Wasser kam die Erlösung. Die Kinder nahmen die Rettungsringe der Dagens 2 und so konnten sie nach Herzenslust im fast 27-grädigen Wasser plantschen, während die Erwachsenen ein paar richtige Schwimmzüge im entspannenden Nass taten.

 

 

 

 

Niemand dachte mehr an ein Freizeitprogramm wie Filzen, Karten spielen, Zeichnen und "legölen" im Bootsinnern, wie wir das in den ersten regnerischen Ferientagen sehr ausgiebig genossen haben.

 

 

Als wir in Reims lagen, feierten wir mit den Franzosen ihren Nationalfeiertag. Wir dekorierten unser Schiff. Dazu hatten die Kinder eine Fahnengirlande gebastelt, die nun die Dagens 2 zierte. Am 13.7.2014 gabs auf dem Place de la République ein Freiluftkonzert und kurz vor Mitternacht ein spektakuläres, ausladendes Feuerwerk mit tausenden von Zuschauern.

 

 

 

 

Für den französischen Nationalfeiertag dekorierte Dagens 2

 

 

In der Basilika Saint-Remi in Reims genossen wir ein abendliches Orgelkonzert mit Flötenspiel und auf dem Platz vor der Kathedrale die jeweils kurz vor Mitternacht an ihrer Fassade aufgeführte Light Show. Man stelle sich vor, dass zur Erbauungszeit die Kathedrale und vor allem ihre Figuren sich ähnlich farbig präsentierten. Leider waren die Farben nicht so haltbar wie der Stein darunter.

 

 

 

 

Zusammen mit dem Finale der Fussball-WM waren die erlebten zwei Wochen voller Abwechslung. Mit unseren Gästen hatten wir 200 km zurückgelegt, 53 Schleusen und 3 Tunnels passiert und immer sehr gut an Bord gegessen. Voller Erlebnisse gingen fünf zufriedene Passagiere nach vierzehn Tagen von Bord und kehrten in die Schweiz zurück.

 

 

Am anderen Tag erwarteten wir unsern Sohn Hannes, der mit dem Auto anfuhr und dieses für eine wöchige Reise mit uns im Hafen von Châlons-en-Champagne stehen lassen konnte.

Mit Hannes fuhren wir auf dem Canal lateral à la Marne weiter nach Vitry-le-François und Bar-le-Duc. Unterwegs feierten wir den kürzlichen Abschluss von Hannes Elektronikerlehre.

Herzlichen Glückwunsch!

So rar die Anlegestellen in diesem Gebiet waren, umso interessanter waren die Menschen. In Bignicourt-sur-Saulx trafen wir Neuseeländer, Alison und Roger, auf ihrem Schiff "Iron Lady" (, was nichts, aber auch gar nichts mit einer ehemaligen englischen Premierministerin zu tun hat). Bernadette glaubte, unterwegs besser Französisch zu lernen. Nun ist aber eher Englisch die Sprache, die im Umgang mit Schiffsnachbarn hier dominiert. Mit den Erinnerungen an unsere Hochzeitsreise durch Neuseeland hatten wir viel Gesprächsstoff mit Alison und Roger.

In Revigny-sur-Ornain trafen wir zur Abwechslung auf schweizerdeutsch sprechende Bootseigner: Urs und Dominique auf ihrem Schiff RIA. Wir kennen sie schon von der Zeit, als wir noch auf Bootssuche waren und sie uns einen ganzen Tag lang von ihren Erfahrungen erzählt hatten. Seither sind wir immer in Kontakt geblieben. Trotzdem waren wir freudig überrascht, ihnen plötzlich entgegenzukommen.

 

 

 

 

Mit ihnen verbrachten wir einen herrlichen und warmen Sommernachmittag im grünen Tal der Ornain, einem Zufluss der Marne, bei einem ganz feinen Nachtessen auf der RIA, wo Urs uns kulinarisch sehr verwöhnte.

 

 

Nachtessen auf der Ria

 

 

Der Sternenhimmel in dieser Natur war zum Greifen nahe und sehr klar. Die Milchstrasse präsentierte sich wunderbar. Anderntags gings dann in entgegen gesetzter Richtung weiter.

 

 

Nach 80 km Kanalfahrt, 41 Schleusen und 3 Hebebrücken kamen wir in Bar-le-Duc an. Mit Hannes zusammen assen wir im Restaurant Bernanos in der Ville Haute noch einen feinen Fisch bzw. ein Ragout an Morchelsauce, genossen die Aussicht auf das Tal, führten interessante Gespräche und beendeten damit seine Ferien auf der Dagens 2. Wir werden noch ein paar Tage in Bar-le-Duc bleiben, bevor wir uns anfangs August nach Nancy aufmachen werden.

 

 

Ab unserem Hausboot Dagens 2 in Frankreich senden wir Euch die besten Grüsse

 

 

Bernadette und Heinz                                            

 

 

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