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1. Dezember 2010 (Mittwoch) (siehe auch "Unsere Besucher im Dezember 2010") Wir hatten geplant, unter der Anleitung von Jean mit unserem Boot eine Übungsfahrt zu machen. Jean ist mit seinem holländischen Jalk ein geübter Fahrer. Das hatten wir bei der Ausfahrt mit der Gruppe behinderter Menschen in der vorangegangenen Woche erfahren dürfen. Er war bereit, uns ein paar praktische Tipps und Fahrweisen zu zeigen und insbesondere das Ankern und das Anlegemanöver zu übern.
Die ausgefallene Lernfahrt verschaffte uns Zeit, uns dem entzündeten Augenlid von Bernadette zu widmen. Im Einkaufszentrum in Kudelstaart riet uns der Apotheker, erst einmal den Arzt aufzusuchen. Direkt neben dem Hafen von Kudelstaart liegt die Praxis von Dr. Coster: Wir konnten uns anmelden und wurden bereits nach einer Stunde bedient. Das war prima. In der Zwischenzeit lasen wir holländische Erfahrungsberichte über den Ferienhauskauf in Spanien. Bernadettes Augenlidentzündung stellte sich unter der kundigen Diagnose von Dr. Coster als Ekzem heraus, das mit einer Salbe behandelt werden konnte. Hierfür erhielten wir von Dr. Coster ein Rezept und eine Quittung für die bar bezahlte Arztkonsultation, danach vom Apotheker auch die entsprechende Salbe, die rasche Linderung bewirkte. Im weitergeführten Kampf gegen das Kondenswasser isolierte Heinz den Boden unter der Badewanne und musste staunend feststellen, dass die Badewanne nur auf drei Beinen stand. Dank der beidseitigen Verkeilung in die zulaufende Seitenwand war sie trotzdem stabil genug. Doch nicht genug der Überraschungen: der Inverter, welcher unser Bootsstromnetz steuert, begann blau und gelb zu blinken. Ein Blick ins Handbuch lies uns erkennen, dass dieses Blinken auf eine sehr tiefe Temperatur der vier Bord-Akkumulatoren hinwies. Bei zu tiefen Betriebstemperaturen erbringt das Akkupack nicht mehr die volle Leistung. Da wir mit Landstrom versorgt wurden, bedeutete dies keine betriebliche Einschränkung. Trotzdem begleitete uns das Blinken der Lämpchen als Sorgengedanke in die nächsten Tage hinein. Und noch eine Überraschung: Auf den Bullaugen und auf allen Aluminium-Fensterrahmen waren die Kondenstropfen innwändig gefroren. Die auf dem Fenstersims als Tropfenfänger hingelegten neuen Frottiertüechli waren am Fensterrahmen angefroren. - Doch trotz Eis und Frost war unser Boot stimmungsvoll mit der vom Wind und vom Wellenschlag stammenden Musik durchströmt. Ob es sich da wohl noch schlafen liess? |
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2. Dezember 2010 - Geburtstagsüberraschungen An diesem Tag hatte Bernadette Geburtstag. Dazu passen Überraschungen. Die erste Überraschung trat bereits frühmorgens um halb zwei ein, während Bernadette im Konzert der Wellenschläge zu schlafen versuchte und Heinz noch am Computer schrieb. Es war, als rennte jemand mit einem harten dürren Ast an Steuerbord über unsere Reling, vom Heck zum Bug, und kurze Zeit danach auf der Backbordseite wieder zurück. Es polterte und schleifte, knackte und rauschte.... und dann war es muksmäuschenstill. Das kam Heinz nun doch etwas unheimlich vor und er ging nachschauen. Fast hätte er vor lauter Freude einen Luftsprung gemacht. Jedenfalls ging er übermütig, fröhlich, aufgekratzt ans Bett von Bernadette und weckte sie auf, damit sie die Überraschung ebenfalls erleben konnte: das Hafenbecken und der ganze See davor waren auf einen Schlag zugefroren. Nichts bewegte sich mehr, keine Wellen mehr, kein Wind. Einfach weisse Stille.
Wie war das möglich? Hannes lieferte uns später die Erklärung dazu. Am Vorabend hatte der Wind das Wasser unter die Gefriergrenze abgekühlt, es aber noch so in Bewegung gehalten, dass es nicht einfrieren konnte. Als der Wind nach Mitternacht nachliess, merkte das Wasser, dass es eine Temperatur unter dem Gefrierpunkt hatte und tat, was Wasser in diesem Zustand normalerweise tut: es wurde zu Eis, und zwar schlagartig. Das Zufrieren der Wasseroberfläche verlief dem Schiffsrumpf entlang und hatte das eingangs beschriebene knackende und raschelnde Geräusch verursacht.
Eigentlich wäre danach eine Einkaufstour in Hoofddorp geplant gewesen. Bei eisiger Kälte standen wir in Kudelstaart an der Busstation. Ein Bus der Gegenrichtung kam vorbei. Ein zweiter kam in gleicher Richtung. Nach dem dritten Bus in die falsche Richtung tauchte endlich ein Bus in der gewünschten Richtung auf. Doch oh weh! Er war mit "Sorry, geen dienst" angeschrieben und fuhr vorbei. Dann kamen weitere zwei Busse in falscher Richtung, doch keiner kehrte von der Endstation zurück. Wir warteten über eine Stunde. Die Kälte drang immer mehr nach innen. Nach Einkaufen war uns schon nicht mehr zu Mute. Aber einen Bus zum Aufwärmen erwarteten wir weiterhin sehsüchtig. Er kam dann doch noch. Wir änderten unseren Plan und fuhren direkt zum Flughafen Schiphol, um dort unsere nächste Besucherin abzuholen. Die Ankunft von Marianne war zwar ebenfalls durch die Kälte verzögert, erfolgte aber ohne weitere Überraschung. Glückliches Wiedersehen.
Mit Marianne fuhren wir von Schiphol direkt nach Amsterdam. Die Gehsteige waren vielerorts aalglatt. Bernadette musste dies mit einem schmerzlichen Ausrutscher erfahren. Dies gehörte nun nicht zu den geplanten Geburtstagsüberraschungen. Beim Shopping in der Kalverstraat trafen wir auf unseren Lieblings-Shop "desigual", der auch Marianne sehr gut gefiel. Sie erstand sich eine schöne Tasche. Danach gings zum Restaurant "Keizersgracht 238", wo Heinz fürs Geburtstagsnachtessen hatte reservieren lassen. Das Feinschmecker-Menü rundete den Geburtstag von Bernadette ab.
Gut genährt und erwärmt warteten wir danach in der Kälte wieder auf den Bus, der uns nach Kudelstaart zurück brachte, wo uns auf dem Schiff ein feiner Feierabend-Tee zum Sprung in die Federn verhalf. |
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3. Dezember 2010 - Klarinettenkonzert im Amsterdam Wassertanken stand heute auf dem Programm. Seit Einsetzen des Nachtfrostes wurden alle bewohnten Schiffe einmal in der Woche in einer Selbsthilfe-Aktion über eine lange, aus mehreren Schläuchen zusammengesetzte Leitung ab dem Wasserhahn in der Waschanlage des Hafens versorgt. Das war jeweils eine Ganztagesaktion unter der Leituntg von Fons. Als ehemaliger Berufsfeuerwehrmann wusste er, worauf es ankam, und wie verhindert werden konnte, dass das Wasser im Schlauch einfror. Wir kamen als letzte dran. Daher verschob sich der Aufbruch nach Amsterdam in den Nachmittag hinein. Marianne und Bernadette fuhren voraus, holten im Wohnbootmuseum das bestellte Handbuch fürs Fahren mit grossen Wohnschiffen ab und ergötzten sich im Geschäft von Hillian Coppenhagen-Bloem in der Rozengracht an der grossen Auswahl an Glasperlen und Halsketten. Als Heinz nach dem Wassertanken in Amsterdam eintraf, war schon wieder ein wärmendes Tee fällig. Es war immer noch eisig kalt draussen. Am Abend besuchten wir im Concertgebouw von Amsterdam das Konzert für Klarinette und Klavier mit den beiden jungen Künstlern Gustavo Diaz-Jerez (Klavier) und Cristo Barrios (Klarinette). Es war ganz anders, als wir erwartet hatten. Aber was die beiden Jungkünstler aus ihren Instrumenten herausholten, war einfach genial und eindrucksvoll. Den Kopf noch voller Töne, standen wir danach bereits wieder an einer frostigen Busstation und warteten überlang auf den Bus, der uns zurück aufs warme Schiff brachte. Das eisige Wetter schien auch den Bussen und ihren Fahrern zuzusetzen. Jedenfalls stimmten Liniennummern, Zielort und Haltestellen-Ansage nicht mehr mit der Strecke überein, die effektiv gefahren wurde. |
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4. Dezember 2010 - Ruhetag
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5. Dezember 2010 (Sonntag) - Abschied von Marianne
Der Morgen erwartete uns mit Sonnenschein. Nach dem Morgenessen mit feiner Züpfe gingen wir auf den Bootssteg, um Fötelis zu machen. Es kam schon fast Frühlingsstimmung auf. Danach begleiteten wir Marianne zum Flughafen nach Schiphol, verabschiedeten uns von ihr und gingen in den grossen, vor über hundert Jahren künstlich angelegten Erholungspark "Amsterdamse Bos" spazieren. Viel Pflotsch war auf den Spazierwegen anzutreffen. Aber es war ein abwechslungsreicher Spaziergang. Müde vom Wandern strebten wir zur nächsten Bushaltestelle, die uns zur Rückfahrt verhelfen sollte. Den Bus unserer Linie nach Kudelstaart verpassten wir um knappe 5 Minuten. Nicht mehr bereit, noch länger zu warten, nahmen wir kurzentschlossen den Bus nach Uithorn, der unseres Wissens doch auch die Umsteigestelle "Hortensia Plein" in Aalsmeer bediente. Aber falsch kalkuliert. Beim Hortensiaplein fährt die Buslinie nach Uithorn vorbei, die von Haarlem her kommt. Der Bus, den wir bestiegen, kam jedoch von Amsterdam her. So landeten wir unerwarteterweise am grossen Busterminal in Uithorn, wo wir eine halbe Stunde auf den richtigen Rückfahrbus nach Aalsmeer warten mussten. Bei absinkender Sonne wurde es zusehends kälter. Immer wieder traf ein Bus im Terminal ein, jedoch stets nicht mit dem uns dienenden Zielort angeschrieben. Endlich kam der richtige Bus und brachte uns nach Aalsmeer, Hortensia Plein. Die Zeit war inzwischen so weit fortgeschritten, dass uns ein Hungergefühl direkt in die nächstliegende Imbissecke führte. Erst nach 17 Uhr wanderten wir dem See entlang nach Kudelstaart zurück, ein Weg, der an vielen Stellen eher einer Eisbahn als einem Fussweg glich. So hatten wir denn an diesem Tag unbeabsichtigt viel Frischluft getankt und kehrten darum gern in unser warm beheiztes Schiff zurück. |
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6. Dezember 2010 - Lehrer für Holländisch gefunden Ein ganz gewöhnlicher Montag mit Haushaltarbeiten und Einkaufen. Und beinahe wäre dieser Montag ein ganz gewöhnlicher geblieben, wenn da nicht Donna und Rien vom Nachbarschiff "Etoile" im Vorbeigehen bei uns zum Kaffee eingetreten wären. Wir hatten uns schon vor unserem Aufbruch aus Zollikofen vorgenommen, Holländisch zu lernen. Unser Sohn Hannes hatte uns hierfür bereits vorsorglich den entsprechenden Langenscheidt-Lehrgang mit Hör-CD geschenkt und wir hatten uns bei der Jachthafenleitung in Kudelstaart auch nach einer Lehrperson erkundigt, die uns unterrichten sollte. Denn es war uns irgendwie unangenehm, bei jeder Begegnung erst zu fragen: "Do you speak English?" Rien sprach mit seiner philippinischen Frau Donna auch viel Englisch, obschon sie einen Integrationskurs mit entsprechendem Sprachunterricht in Holländisch besuchte. Irgendwie kamen wir beim Kaffee auf den Holländisch-Unterricht zu sprechen und wir fragten Rien, ob er uns und seiner Frau helfen würde, mit dem Langenscheidt-Lehrgang Holländisch zu lernen. Er war sofort bereit und so begann ein Sprachtraining, welches uns innerhalb von drei Monaten die Angst vor dem Sprechen nahm und uns von Tag zu Tag weitere Dimensionen unseres Gastlandes erschloss. Somit war dieser ganz gewöhnliche Montag für uns zu einem aussergewöhnlichen Startzeitpunkt einer Holland-spezifischen sprachlichen und kulturellen Entwicklung geworden. Wir durften miterleben, wie sich Donna in diesem Training mit uns zusammen weiterentwickelte. Auch sie konnte Schritt für Schritt ihre Hemmungen, holländisch zu sprechen, ablegen. |
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7. Dezember 2010 - Beginn des Holländisch-Unterrichts Heute war wieder einmal eine Portion Büroarbeit zu bewältigen. Am Nachmittag begann unsere erste Holländisch-Lektion. Hierfür kopieren wir jeweils ein Kapitel aus dem Sprachlehrgang als Arbeitsunterlage für die "Schüler", während Rien mit dem Originalbuch und dem Lösungsheft für die Uebungen arbeitet. In den folgenden Tagen kamen Rien und Donna, wann immer es ihr Tagesprogramm erlaubte, zur nächsten Lektion vorbei. Es macht Spass, vor allem weil wir unsere Lernschritte jeweils direkt beim Einkaufen umsetzen und das Gelernte anwenden konnten. Die Verkäufer und Verkäuferinnen im Geschäftszentrum von Kudelstaart waren erfreut, wenn wir sie auf holländisch ansprachen, und halfen uns jeweils bereitwilligst, den angefangenen Satz fertig zu machen, wenn wir ins Stocken gerieten.
Einjahresverträgen einleiten kann. Dadurch wird die Arbeitslosenversicherung systematisch überbeansprucht und viele Arbeitsvermittlungsbüro verdienen sich dank der staatlichen Schutzmassnahme ihr gutes Geld. |
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8. Dezember 2010 Morgens wieder eine Lektion Holländisch. Danach fahren wir mit dem Bus nach Hoofddorp und kaufen ein Duvet fürs Gästezimmer. Die Suche nach einem Überkleid für Heinz blieb leider erfolglos. Unter den zahlreichen Geschäften in diesem Zentrum verkauften sicher über zwanzig Modekleider, aber keines hatte Berufs- oder Werkkleider zur Auswahl. Unsere ausgedehnte Suche führte in einem Modegeschäft dann doch noch zu einem hoffnungsvollen Hinweis. Die Verkäuferin hatte vor Jahren in einem Geschäft in Haarlem gearbeitet, welches Berufskleider verkaufte. Sie beschrieb uns den Weg dorthin. Mit diesem Hinweis begaben wir uns wieder in die Kälte und an die Busstation, wo immer noch der "Glatteis-Fahrplan" gefahren wurde, d.h. die an der Leuchttafel angekündigten Busse wurden einfach wieder ausgeblendet, kein Bus erschien, dafür wurde die nächste Ankunftszeit angezeigt. Wie heisst es doch so schön: "Hoffnung ist das halbe Leben". |
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9. Dezember 2010 Waschen und unser Zimmer gründlich reinigen. Henk, der Vorarbeiter von der Jachthafen-Werkstatt, kam aufs Boot, um mit uns den Einbau eines Schwarzwassertanks zu besprechen. Er wird dann den ganzen Einbau leiten. Er zeigt sich sehr erstaunt, dass Schweizer auf einem Boot leben wollen und dabei erst noch zufrieden sind. Wieder eine Lektion Holländisch. Wir gingen danach einkaufen, denn wir erwarteten am kommenden Tag sechs Personen zum Nachtessen auf unserem Schiff. Wir hatten alle, die auf ihrem Schiff im Hafen von Kempers überwinterten, eingeladen. Leider konnte Jean nicht dabei sein. Für ihn buck Bernadette einen zusätzlichen Schoggi-Cakes. Der andere und das Dessert Bavarois waren für das Festessen bestimmt. |
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10. Dezember 2010 - Die Wassernomaden - Party Am Morgen gingen wir joggen. Alles war vereist. Wir konnten nur neben dem Weg auf dem Gras so richtig abstossen. Das war präzis auch der Ort, wo alle Hunde auf ihrem Spaziergang ihre Notdurft verrichteten. Darum war es fast unvermeidlich, dass Bernadette in so einen Hundsdreck stand. Heinz war so lieb und reinigte nach dem Joggen die Turnschuhe wieder, um den aufsässigen Geruch von der Wohnung fernzuhalten. Danach gabs ein erholsames, aber kurzes Morgenessen, denn schon war es Zeit, um den Kartoffelgratin und für den Dessert die Orangensauce zu machen, für den Dessert die Orangensauce fertig machen.
Nach einem kurzen Aufräumen und Dekorieren kamen auch schon die Gäste. Fons brachte in einer Bratschale das Pouletfleisch mit, welches er in unserer Küche in der Bratpfanne portionenweise zubereitete und anschliessend im Backofen warm hielt. Es war sehr fein und Fons war so begeistert von den Möglichkeiten des Backofens, dass er sich in der Folge gleich auch einen erstand und in seiner Küche einbaute.
Mit den sechs Gästen an Bord hatten wir eine fröhliche Stimmung. Wir lernten an diesem Abend Netti (Jeanette) und Cees Jan vom Schiff "De Lange Beer" kennen. Sie arbeiten beide noch; Netti in der Stadtverwaltung von Leiden und Cees Jan in einem Betrieb, der Caterpillar-Motoren für grosse Boote verkauft. Mit uns sprachen die Gäste langsam und deutlich holländisch und ergänzten unsere Wissenslücken in Englisch. Aber wenn sie unter sich sprachen, dann sprachen sie in einem so schnellen Tempo, dass wir daran zu zweifeln begannen, je etwas dabei zu verstehen. Jedenfalls war es ein klarer Massstab für unsere Zielsetzung, holländisch zu lernen. |
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