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Mit Trabis startklar in den Frühling

 

 

Für Sonntag, 23.4.2017, war auf dem Marktplatz von Fürstenwalde der Start zur Frühlingsausfahrt des Oldtimerclubs Fürstenwalde angekündigt. Wo sonst auf Marktständen Frischprodukte angeboten werden, versammelten sich bereits in der Früh die ersten Club-Mitglieder und stellten ihre jeweiligen fein herausgeputzten Oldtimer zur Schau. Natürlich waren wir ebenso früh aus den Federn und verfolgten interessiert die sich mehrenden Schaustücke. Was in dieser Region vor 1989 noch alltägliches Gebrauchsfahrzeug war, zählt heute bereits zur Kategorie "Oldtimer", und das waren fast ausschliesslich Autos und Motorräder aus der Produktion der Ostdeutschen Volksrepublik oder ihrer östlichen Nachbarländer: Trabants, Wartburgs, Eisenacher, IFA, Schwalbe, Simson und Skodas. Hier ein paar Promi-Aufnahmen von Oldies:

 

 

 
 

Die Fahrzeuge sind wohl alle nach 1950 hergestellt worden und sind bereits Oldtimer. Wir stammen auch aus dieser Zeit, sind aber nur "Alte". Warum geniessen wir nicht auch den Nimbus, die Zuwendung und die Achtung vor einem Oldtimer? Unsere Lebensgeschichten haben doch so viel mehr zu bieten!

 
 

Als der Kovoi der Oldtimer sich auf seine Tagesreise begeben hatte und der Start-Rauch der verschiedenen Zweitaktmotoren verflogen war, hatten Lucy und Peti Lust zur Weiterfahrt. Sie wollten - so wie wir dann später - über Eisenhüttenstadt auf die Oder und flussabwärts über Frankfurt, Schwedt und Stettin bis ins Haff gondeln. Darum verabschiedeten wir uns von ihnen. Sie berichteten uns in der Folge über Mail von all ihren Zwischenhalten und wie geeignet die Liegeplätze für uns wären. Schon bald darauf meldeten sie sich aus dem Gebiet der Peene.

 
 

Wir unsererseits mit unserem langsameren Reisetakt blieben noch etwas in Fürstrenwalde liegen und besuchten das Stadtmuseum, welches in seinen Sammlungen eine Fülle von Themen bestrich, die wir in einem Tag kaum gründlich erfassen konnten. So gleich denn unser Besuch einem Streifzug durch ein Raritätenkabinett, in welchem uns einzelne Ausstellungsstücke speziell ansprachen und uns zu einem kurzen Verweilen über ihre Geschichte veranlassten.

 
 

Beeindruckt hat uns eine markante Persönlichkeit, die einst im Gebäude, welches nun das Museum Fürstenwalde beherbergt, gewirkt hat:

Studienrätin Edeltraut Soot
Frau Edeltraut Soot, Jahrgang 1913, lehrte von 1940 bis 1952 zunächst an der Aufbauschule in Fürstenwalde, dann in diesem Gebäude (heutiges Stadtmuseum) an der Erweiterten Oberschule. Mit ihrer liberal-demokratischen Grundhaltung geriet sie in Widerspruch zu der durch die SED geprägten Schulpolitik der DDR. Denunziert durch mehrere dazu angestiftete Schüler wurde sie aus dem Unterricht heraus von der politischen Polizei der DDR verhaftet. Obwohl sich Schüler und Lehrer mutig als Entlastungszeugen für Frau Soot einsetzten - unter anderem auch ihr damaliger Kollege Gerhard Grossmann - verurteilte das Bezirksgericht Frankfurt/Oder sie gnadenlos wegen Boykotthetze und "Gefährdung der dem Frieden dienenden Ordnung der DDR" zu einer Zuchthausstrafe von 3 Jahren und andauerndem Berufsverbot. Nach dem Arbeiteraufstand vom 17. Juni 2953 wurde Frau Soot auf Bewährung entlassen, das Berufsverbot blieb bestehen. Sie verliess draufhin die DDR, wurde in Westberlin als politischer Flüchtling anerkannt und konnte wieder in ihrem Lehrberuf an Gymnasien, zuletzt in Mühlheim/Ruhr, tätig sein. Sie verstarb 1984 in Diessen am Ammersee. Auf Antrag ihrer ehemaligen Schüler wurde sie vom Bezirksgericht Frankfurt/Oder am 20.8.1992 rehabilitiert.

Das Museum fand eine würdige Form, das persönliche Schicksal dieser markanten Bürgerin darzustellen und in Erinnerung zu rufen.

 

Geld allein macht nicht glücklich

Im dreissigjährigen Krieg wurde auch Fürstenwalde mehrfach angegriffen. "1630 hat die Stadt feindlichen Überfall gespüret, sich aber tapfer gewehret" heisst es in einer Chronik. Im Jahr darauf pründerten drei kroatische Kompanien des Kaiserlichen Heeres Fürstenwalde und 1633 brandschatzten Wallensteins Soldaten die Stadt.

In dieser Zeit hat ein sehr wohlhabender Bürger seine erheblichen Ersparnisse im Keller vergraben. Die jüngste Münze datiert in das Jahr 1630. Er hatte keine Gelegenheit mehr den Schatz zu bergen, und nahm das Geheimnis mit ins Grab. Bei Bauarbeiten 1959 wurde der Schatz zufällig entdeckt.

In den beiden Gefässen lagen 437 Taler, ein Doppeltaler und eine Medaille. Der Talerfund von Fürstenwalde ist damit der umfangreichste des 17. Jahrhunderts in ganz Deutschland.

Ein goldener Ring für kleine Fälle

Der Siegelring der Stadt Fürstenwalde wurde im 16. Jahrhundert angefertigt. Mit ihm wurden Briefe und kleinere Bestätigungen besiegelt. Mehr als 200 Jahre lang wurde dieses kleine Stadtsiegel benutzt. Der jüngste bekannte Abdruck befindet sich auf einem Geburtsbrief aus dem Jahre 1800.

 
 

Vor dem Museum von Fürstenwalde stiessen wir - fernab der See - auf einen ehemaligen nautischen Exportschlager aus Fürstenwalde: einen Leuchtturm. Leuchttürme und Leuchtbojen wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Firma Julius Pintsch, Berlin-Fürstenwalde produziert und, da verlässlich und effizient, in alle Welt exportiert. Der am 17. November 1869 eröffnete Suezkanal z.B. war mit 105 Pintsch-Bojen gesichert, sodass die Durchfahrt auch nachts möglich war. Der Leuchtturm vor dem Museum in Fürstenwalde erinnert noch heute an den einstigen Klempnergesellen, der mit Innovationskraft und technischen Verbesserungen im Bereich der Gas-Beleuchtung und Licht-Technik zum Großindustriellen aufgestiegen war.

Auch für die Innenbeleuchtung von Eisenbahnwagen, die früher mit Paraffin- bzw. Stearinkerzen oder Rüböl erhellt wurden, entwickelte die Firma Pintsch eine wesentlich leuchtkräftigere Lösung, die ab 1871 vielerorts zum Einsatz kam, bis sie 1924 ein jähes Ende fand: Damals verbrannten in einem mit Pintsch-Produkten ausgerüsteten Personenwagen 15 Menschen bei einem Eisenbahnunfall in Bellinzona. Schon was davon gehört?

 

 

 

 

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aktualisiert: 7.7.2017 / hg