zum früheren Kapitel

zum Inhaltsverzeichnis

zum späteren Kapitel

 

 

70. Vollmond auf der Dagens 2

            

 

 

Wir feiern heute den 70. Vollmond auf unserer Dagens 2. Seit August 2010 haben wir die Freiheit genossen, auf den Wasserwegen durch Holland, Belgien und Frankreich zu fahren. Zwischendurch durften wir immer wieder auch sehr schöne Schweizeraufenthalte erleben.

 

 

 

 

In dieser Freiheit lernten wir auch eine gewisse Einsamkeit kennen.

 

 

 

 

In der Freiheit und in der Einsamkeit die Natur zu erleben und zu erfahren, waren immer wieder herrliche Momente und zugleich Situationen, die uns forderten.

 

 

 

 

In Holland war es der Wind, in Belgien waren es die kleinen Schleusen und die Gezeiten auf der Schelde, in Frankreich waren es die Häfen, die für uns vielfach keinen Platz hatten, weil wir entweder zu gross oder zu klein waren. Immer gab es aber auch wieder Lösungen, für die wir froh und dankbar waren / sind.

 

 

 

 

Für die vielen erlebten Freundschaften ist André, ein 86 jähriger Fischer, ein sehr ergreifendes Beispiel. Ab Mitte Oktober sahen wir ihn, mit seinem kleinen Boot hinter unserem Liegeplatz im Hafenbecken von Strassburg angeln. Wir winkten einander zu. Als es dann kälter wurde, kam er im Hafen auf den Steg, um zu fischen. Die Hafenanlage wurde zu dieser Zeit erweitert und oft war vom Steg nur noch das Gerippe zu sehen, weil fürs Verlegen der Leitungen die Gehplatten entfernt worden waren. Aber das kümmerte André nicht. Er kletterte über alles hinweg, wie ein Wiesel, in der einen Hand die Angelrute und in der anderen Hand einen Kessel mit den Köderfischen. Uns blieb manchmal der Atmen weg. Wir behielten ihn scharf im Auge, um ihn zu retten, sollte er ins Wasser fallen. Aber es passierte nie etwas. Eines Abends brachte er uns einen kurz zuvor gefangenen, noch lebenden Hecht. Das war eine Überraschung! Unter seiner Anleitung bereiteten wir ihn dann zu einem feinen Mahl zu. Das war eine sehr schöne kulinarische Abwechslung.

André war aber nicht nur Fischer. Einmal kam er zu uns aufs Schiff und spielte mit seiner Mundharmonika ganz viele Seemannslieder. Früher, sagte er, sei er sehr viel unterwegs gewesen, mit dem Fahrrad und mit seiner Mundharmonika. So habe er sich in den Ferien durch Portugal und durch die Türkei sein Essen verdient.

 

 

 

 

Wir lernten aber auch, das Leben zu lieben. So haben wir uns mit der Sprache und der Kultur der jeweiligen Länder auseinander gesetzt.

 

 

Wir erfreuten uns an den sehr schönen Samichlausfeiern in Holland, an den Blumenausstellungen im Keukenhof und in Venlo, an den historischen Liften und am modernen Aufzug von Strépy-Thieu in Belgien und an den verschiedenen Menschen, die uns am Ufer ansprachen und mit uns plauderten. Es ist erstaunlich, wie viele Personen so unterwegs sind wie wir, mit ihrem Wohnschiff. Wir trafen Australier, Schweden, Kanadier, Italiener, Engländer, Deutsche, Holländer, Schweizer und ab und zu sogar Franzosen. Wir sprachen Englisch, Deutsch, Italienisch, Holländisch, Französisch: alles im Wechsel und gar oft auch mit Verwechslung.

 

 

 

 

Nun heisst es schon wieder, von unserem Winterliegeplatz Strassburg Abschied zu nehmen. Wir hatten uns richtig wohl gefühlt und die Nähe zur Schweiz genossen.

Alle Momente sind vergänglich. Aber in unserer Erinnerung bleiben sie uns erhalten.

 

 

 

 

Doch freuen wir uns auf die nächste Fahrsaison, die uns nach Nancy und dann auf der Maas nach Maasbracht führt, wo wir Mitte Juni 2016 unsere Dagens 2 aus dem Wasser nehmen werden und den Unterboden-Schutzanstrich erneuern lassen. In der zweiten Sommerhälfte werden wir über den Mittellandkanal nach Berlin fahren, wo wir in der Marina am Tiefen See in Potsdam den Winter 2016/2017 verbringen werden.

Dort werden wir vom Liegeplatz aus eine herrliche Rundsicht über die Havel und hinüber zum ausgedehnten Park am Babelsberg haben.

 

 

 

 

Hier ein Gedicht, das uns sehr gefällt, aus dem Buch "Glück kennt kein Alter" von Hans Kruppa:

 

 

Notwendige Freundschaften

Liebst du die Freiheit,

musst du dich mit der Einsamkeit anfreunden.

 

Liebst du die Liebe,

musst du dich mit dem Verlust anfreunden.

 

Liebst du das Leben,

musst du dich mit der Vergänglichkeit anfreunden. 

 

 

Diese Freundschaften durften wir bisher in vollen Zügen erleben. Wir freuen uns schon jetzt wieder auf die Zeit zwischen den nächsten Vollmonden und auf das, was uns das Leben, die Liebe und die Freiheit zwischen Strassburg und Berlin alles anbietet.

Eine schöne Osterzeit wünschen aus dem sehr heimeligen Strassburg

Bernadette und Heinz
www.dagens2.ch

 

 

 

 

Frühlingserwachen im Parc de la Citadelle in Strassburg, 19. März 2016