|
|
|
|

|
zum früheren Kapitel
|

|
zum Inhaltsverzeichnis
|

|
zum späteren Kapitel
|
|
|
|
Mit Willi und Dagmar zurück von Anklam nach Berlin |
|
|
Damit war unser Ausflug zur Peene und zur Insel Usedom
beendet und wir konnten am 30. Mai von Anklam aus den Rückweg nach
Berlin antreten. Gemeinsam verliessen wir um 09:10 Uhr
unseren Liegeplatz am Pfahl von Menaje vor Anklam und
steuerten auf die Eisenbahnbrücke am Stadtausgang zu, die
planmässig zwischen 09:20 h und 09:40 h für die Schifffahrt
öffnete.
Wie man sieht, fahren wir mit Dagens 2 unter
niederländischer Fahne. Unsere Fahrt führt über ein Stück
durch Polen. Wir wollten vermeiden, dass wir einer
Patrouille der polnischen Wasserpolizei hätten erklären
müssen, warum wir rechtmässig unter Schweizer Fahne fahren
|

|
|
|
|
dürfen, auch wenn das Schiff in den
Niederlanden registriert ist und am Heck den Heimathafen
"Vlaardingen" trägt.... und dies alles in Englisch, was für beide
Seiten eine Fremdsprache darstellt, wo uns viele Fachausdrücke nicht
geläufig sind.
|
|
|

|
Noch ein letzter Blick zurück auf die geöffnete,
soeben durchfahrene Eisenbahnbrücke von Anklam.
Von da weg trennten sich unsere Wege. Willi und Dagmar
wollten sich unterwegs noch Kamminke und Stolpe an der Oder
anschauen, während wir uns darauf freuten, Ueckermünde zu
entdecken, von dem uns Gerda und Toni am Winterliegeplatz in
Potsdam so geschwärmt hatten.
|
|
|
|
 |
Ueckermünde empfing uns überaus gastfreundlich am Kai vor
der Klappbrücke, ganz in der Nähe des touristischen
Informationszentrum , mitten in der Altstadt.
Einer äusserst unterhaltsamen Stadtführerin folgend,
schafften wir uns zuerst einen topografisch-geschichtlichen
Überblick über die Stadt und ihre weiteren
Sehenswürdigkeiten.
Dabei erfuhren wir, dass namensgebende Fluss im
Entstehungsgebiet Brandenburg "Ucker" heisst und im
Mündungsgebiet zur Uecker wird. Dummerweise hat die Sprach-
und Schreibreform unter Duden und der
Schreibmaschinentechnik den Umlaut "ü" in Grossschrift zu
"Ue" normiert. Dabei ging die viel ältere Schreibweise eines
mit "e" gedehnten "U" flöten und die heutigen Leser sprechen
Ueckermünde als Ückermünde aus. |
|
|
|
|
Es gab eine Zeit, da wurde die Dehnung des "U" sogar mit einem "h" verstärkt, also Uehckermünde,
damit man es gemäss dem pommerschen Dialekt "Uuukermünde" aussprach.
|
|
|
So viele kleine Details erfuhren wir Stadtbesucher
aus dem Mund unserer charmanten Stadtführerin. Im ehemals
berühmten Fischerdorf hat am 1. Dezember 2021 der letzte, 61
Jahre alte Fischkutter "Bergen" seinen festen Liegeplatz im
Heimathafen Ueckermünde eingenommen und ging darauf nie mehr
auf fahrt. Er liegt jetzt als technisches Denkmal im
Stadthafen. Die drastisch reduzierten Fangquoten liessen
eine wirtschftliche Weiterführung des Fischereibetriebes
nicht mehr zu.

|

|
|
|
|



|
Der Schiffer mit seinem Schifferklavier am Kai des
Stadthafens könnte noch viel von Ueckermünde erzählen
von den Herrschern aus dem Adelsgeschlecht der Greifen,
denen wir bereits im Schloss von Stettin begegnet sind
vom großen Stadtbrand von 1473, dem viele der
mittelalterlichen Häuser und die Kirche den Flammen zum
Opfer fielen
vom ehemaligen pommerschen Herzogsschlos, das 1546
errichtet wurde und heute Museum und Stadtverwaltung
beherbergt
vom 30-jährigen Krieg, welcher ddie Bevlökerung des Ortes
von 1'600 auf 15 schmälerte
von den Slawen, den Polen, den Schweden, den Sachsen, den
Preussen, den Franzosen, den Deutschen, den Russen, welche
im Wechsel den Ort besetzten und regierten
von den 102 Schiffen, die von 1781 bis 1795 in Ueckermünde
vom Stapel liefen
von den rund 50 Ziegeleien die im 19. Jahrhundert in Betrieb
genommen wurden
vom „Christophorus-Krankenhaus“, das gegen Ende des
19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit neuartigen
Behandlungsmethoden und Therapieformen als ausgesprochen
fortschrittlich galt
von der Entwicklung zum Ostseebad für kleine Geldbörsen
anfangs des 20. Jh.
von der traurigen Berühmtheit, welche die Heilanstalt
unter der Nazi-Zeit im Zuge der „Vernichtung lebensunwerten
Lebens“ erreichte
von der grossen Gießerei mit 1'100 Beschäftigten zu
DDR-Zeit, welche noch heute für MAT Foundry Group (USA)
Autoteile zuliefert
von der seit 1990 hübsch sanierten Altstadt und dem heute
blühenden Wassersport- und Rad-Tourismus.
|

Das Wappen der Stadt Ueckermünde zeigt den roten Greif vom
Adelsgeschlecht der Greifen, die als Herzöge ab dem 16. Jh.
Pommern regierten
.
Die zwei Großbuchstaben in lateinischer Schreibweise in dem
wohl aus dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts stammenden
Vollwappen sind als „UU“ zu lesen und bedeuten „URBS UCRA“ =
Stadt an der Uecker.

|
Nun haben wir so oft längsseits von Menaje an deren Pfahl
geankert, dass wir Lust kriegten, es vielleicht auch einmal
allein zu probieren. Doch dazu musste unsere Ankerwinde
funktionieren. Zusammen mit Willi haben wir gesehen, dass
die Winde technisch in einwandfreiem Zustand ist. Allein die
Schmiere ist in den letzten 10 Jahren etwas eingetrocknet
und auf manchen beweglichen Teilen lag gut gemeinte Farbe.
Handeln war angesagt und das warme Abendwetter war nach der
wunderschön ruhigen Fahrt übers Haff geradezu ideal für
diese Arbeit.
Punkto Schmieren finden sich zwei "Glaubensrichtungen".
Die einen schwören auf gut haftendes Schmierfett, das nicht
tropft und keine Spuren an Deck hinterlässt. Dafür muss
periodisch eingetrocknetes Fett entfernt und neu geschmiert
werden.
Die anderen stehen auf Schmieröl, welches nicht klebrig
verharzt, dafür fleissiger aufgebracht werden muss und
jeweils aufs Deck abtropfen kann.
Wir haben uns nach der grossen Reinigung für das zweite
Lager entschieden und schauen mal, welche Erfahrungen wir
mit Öl machen werden.
|
 |
Nach einem schönen Radausflug entlang der Uecker nach Torgelow
verliessen wir am vierten Tag den Erholungsort Ueckermünde und
konnten mit einer sagenhaft ruhigen Fahrt übers Haff unsern
Zwischenhalt im polnischen Trzebież erreichen. Wir machten - wie
gehabt - am langen Aussensteg fest, gingen uns im Hafenbüro anmelden
und bezahlten die geforderte Liegegebühr. Per Rad folgten wir dem
Strand Richtung Nordwesten und entdeckten eine moderne Spiel- und
Badanlage mitsamt einem Aussichtsturm, wo Schwalben in Griffnähe
nisteten.
|
|
|
|
|
|
Gegen Abend kam Wind auf. Wen kümmert's. Wir lagen ja gut
angebunden an einem festen ruhigen und windgeschützten Steg.
Plötzlich, gegen 21 Uhr, kam ein junger Mann im Auftrag des
Hafenmeisters, der uns anwies, auf die Innenseite der Mole zu
wechseln, da wo sonst das Schnellbot für die Nacht festmacht. Alles
Argumentieren half nichts. Wir mussten nächtlicherweise mit strengem
Nordwind, der ungebremst über die Betonmole hereinblies, mit aller
Kraft unsere Dagens 2 an den Steg drücken und festmachen.
Schweisstropfen! Wen wundert's, dass wir in dieser unerwünschten
Lage feststellen mussten, dass der Landgang von dieser Mole
mit einem Codekästchen abgesperrt war und auch kein Hafenmeister mehr
auf einen Telefonanruf antwortete.
|
|
|
 |
Mit etwas anderen als gastfreundlichen Gefühlen verliessen wir in
aller Früh (06:20 Uhr) nach einer unruhigen Nacht diesen Liegeplatz, lange
bevor ein Hafenmeister sein Auge öffnete. Die Weiterfahrt lenkte
unsere Gefühle rasch wieder ins Positive. Wir kreuzten
Monster-ähnliche Seeschiffe und "verschneite" Hügel
(Kaliberge) in der Annäherung an Stettin.
|
 |
|
|
|
|
|
|
Bereits um halb zehn Uhr am 4. Juni 2022 fuhren an der
prominenten Stadtansicht von Stettin vorbei und erinnerten uns kurz an
den interessanten Aufenthalt, den wir auf der Hinfahrt hier
verbracht hatten.
|
|
|
|
|
|
Wir fuhren auf der Westoder weiter in Richtung deutsche
Grenze, nach unserem Lieblingsort
Mescherin mit dem freundlichen
Hafenmeister, Herrn Menanteau, der uns nach unserer Ankunft mit
selbstgebackenem Rhabarberkuchen überraschte . |
|
|
|
|
|
Es war Pfingsten - ein Ruhetag. Sven und Margritte
machten mit ihrem Wohnmobil am Hafenufer ebenfalls eine Pause; wir kamen ins
Gespräch und unterhielten uns prächtig im Halbbschatten auf
unserer Schiffsterrasse.
Am Pfingstsonntag Abend
teilten wir den Liegeplatz mit dem Hotelschiff "Excellence
Coral" des Reisebüros Mittelthurgau, das hier einen
Zwischenhalt auf seiner Fahrt von Stralsund nach Berlin
machte. Mit seinen 82 Metern Länge ragte das
Flusskreuzfahrtschiff hinten etwas über den Kai hinaus, so
wie wir unsere Bugnase etwas über den Kairand hinaus
steckten. Aber dank der festen Poller am Kai waren beide
Schiffe sicher vertäut. |
 |
|
|
|

|
Von Mescherin weg fuhren wir am Pfingstmontag mit unserer Dagens 2 wieder
unter Schweizer Flagge.
Unsere Freunde hatten in der Zwischenzeit vor uns den Ort
Stolpe an der Westoder erkundet und waren bereits unterwegs
zu unserem nächsten Treffpunkt im Flussarm der Wriezener
Alten Oder unterhalb des Hebewerkes Niederfinow.
|
|
|
|

Unser Liegeplatz an der Wriezener Alten Oder (gelbe
Markierung).
Am oberen Bildrand führt die Havel-Oder-Wasserstrasse durch
Oderberg über den Oderberger See nach Berlin.
|

Treue Begleiter auf der Fahrt der Dagens 2 - im assortierten Federkleid
(Bachstelzen). |
|
|
|
 |
|
|
Mit kaum mehr Wasser unter
dem Kiel erreichten wir die Liegedalben in der Wriezener Alten Oder,
wo unsere Freunde Willi und Dagmar ihr Schiff Menaje bereits
festgesetzt hatten. Ein weiteres Mal durften wir langs Menaje
anlegen und im Paket übernachten. Freudiges Wiedersehen und nach dem
Ankertrunk sofort ein "Mensch-ärgere-dich-nicht"-Spiel. Landgang
brauchten wir hier nicht, aber ein feines gemeinsames Abendessen und
etwas Vorfreude auf den morgigen Tag mit dem Schiffshebewerk
Niederfinow.
Von diesem Liegeplatz aus wird die Wriezener Alte Oder
zunehmend untief und für den Tiefgang der Dagens 2 von 1,4 Meter
nicht mehr befahrbar. Aber Wenden an diesem Ort gelang, mit ziemlich
viel aufgewühltem Schlick.
|
|
|
Unsere gemeinsame Bergfahrt über das alte
Niederfinow
Schiffshebewerk wurde zu einer lustigen Begegnung mit der
Wasserpolizei. Sie hatten uns bereits am Vortag in der
Wriezener Alten Oder liegen gesehen und sich gewundert, dass
wir mit zwei so grossen Schiffen, ohne auf Grund zu laufen,
so weit hochfahren konnten.
Sie fragten uns, ob wir schon kontrolliert worden wären,
was wir lachend bejahten. Sie setzten sich umgehend hinter
den Bordcomputer, um ihre Datenbank zu konsultieren..... und
siehe da: Sie
fanden uns und erklärten uns lachend für okay. Eine
Begegnung der durchaus freundlichen Art.
|

|
|
|
|
Während wir am 7.6.2022 im Trog des 88 Jahre alten
Schiffshebewerkes hochfuhren, grüsste von der
gegenüberliegenden Seite das neue Niederfinow
Schiffshebewerk, das immer noch in der Testphase steckte. Es
sollte noch bis zum 4. Oktober 2022 dauern, bis es nach 14
Jahren Bauzeit endlich in Betrieb genommen werden konnte.
Nach
dem Hebewerk lag eine lange, für grosse Schiffe ausgebaute,
aber fahrtechnisch eher langweilige Kanalstrecke vor uns.
Mit einem köstlichen Abendessen brachten wir beim
Zwischenhalt in Eberswalde eine willkommene Abwechslung in
den Tagesverlauf: eine uns bisher noch unbekannte Form von
Käsefondue:
Ofenkäse.
|
 |
|
|
|
 |
Aus der Verpackung direkt in den Ofen und nach
kurzer Zeit heiss auf den Tisch. Die Deckschicht in Dreiecken aufgeschnitten und umgelegt: schon kann man mit
Brot an der Gabel im weichen Käse rühren und den vorzüglich
mundenden Brocken geniessen, bis der Grund des Käselaibes
erreicht ist.
Am Folgetag erreichten wir gemeinsam den Liegeplatz in der Nische vor der Schleuse Liebenwalde.
Auf der einen Seite Wasser, auf der anderen Seite ein
riesiger Steinhaufen und zuoberst ein fröhlich singender
Goldammer. |
|
|
|
|
|
|
Der nächste Tag, es war der
11. Juni 2022, war unser
letzter gemeinsamer Fahrtag mit Dagmar und Willi auf unseren beiden
Wohnschiffen Menaje und Dagens 2. Auf der Havel-Oder-Wasserstrasse
meisterten wir mit einer stündigen Wartezeit vor der Schleuse
Lehnitz die 39,5 km lange Strecke vom Liegeplatz an der Schleuse
Liebenwalde bis zum Nordhafen in Berlin-Spandau mit einer
durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von 7,5 km/h. Dort legten
wir uns zuhinterst an den Steg........
|
|
|
 |
|
|
...
und machten uns fein, um im
Steakhouse "La Plancha II" den Abschluss unserer
gemeinsamen siebenwöchigen Reise zu feiern. Es war
ein würdiges Festessen mit feinem Nachtisch. Wir
waren froh, danach einen gemütlichen
Verdauungsspaziergang zu unseren Schiffen zurück
machen zu können.
Dagmar und Willi waren hier ganz nah vom
Menaje -
Stammliegeplatz, den sie am Folgetag erreichten,
während wir mit Dagens 2 allein - welch ein
ungewohntes Gefühl ! - zu unserem Reiseziel Marina
am Tiefen See in Potsdam weiterfuhren. |
 |
|
|
|
 |
Kaum hatten wir in der Marina am Kopfsteg angelegt, winkte uns
Helga vom Ufer her und kam uns zu einem Trunk willkommen
heissen.
Wir verblieben noch zwei Wochen in Potsdam, bevor wir uns auf
unsere nächste Reise nach Groningen in den Niederlanden
aufmachten. |
|
|
|
(Für die Statistik:
Wir hatten auf dieser Reise
mit 124 Laufstunden des Motors
968 km zurückgelegt.)
|
|
|
zurück zum Seitenanfang
|
|
|
|
|