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Mit Willi und Dagmar zum Amazonas des Nordens

 
 
Dagmar und Willi, Bernadette und Heinz, ein glückliches vierblättriges Kleeblatt

Unsere Reise begann am 20. April im Unterwasser der Schleuse Liebenwalde im Malzer Kanal.

Einem lang gehegten Wunsch folgend, zogen wir los gemeinsam mit unseren Berufsschiffer-Freunden Dagmar und Willi, die mittlerweilen auch im Ruhestand sind und auf ihrem Wohnschiff Menaje in Berlin-Spandau wohnen.

 
 

Auf der Menaje mitfahrend, durchquerten wir den Finowkanal, während unsere Dagens 2 an der Berufsschifferkade in Eberswalde warten musste. Mit unserem Tiefgang von 1,4 Metern dürfen wir den Finowkanal nicht befahren. Er ist offiziell auf Sportschiffe mit einem Tiefgang von 1,2 Metern beschränkt.

MS Menaje in der Schleuse Kupferhammer auf dem Finowkanal zu Tal

Schleuse Kupferhammer bei km 75,9 im Finowkanal

Der Finowkanal ist mit seiner Erbauungszeit von 1605 bis 1620 noch älter als der 1681 fertig gestellte Canal du Midi in Frankreich. Er verfiel allerdings im Strudel des 30-jährigen Krieges und musste unter dem preussischen König Friedrich II von 1743 bis 1749 gründlich saniert werden. Da neben den Kriegswirren auch die Pest durchs Land zog, kann man ermessen, welche Last den Einwohnern vor Ort aufgebürdet wurde, als sie die Arbeitskräfte für den Kanalbau stellen mussten. Dessen ungeachtet, hat der Finowkanal im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Gegend zur wirtschaftlicher Blüte gebracht, von der noch etliche grosse Industriebauten zeugen.

 
     
 

Ein Schwan wirft sich vor Menaje in Pose.

Dieser Schwan rivalisierte mit hochgestellten Flügeln über eine längere Strecke mit dem Schiff Menaje, bis wir sein Revier wieder verlassen hatten.

Vom Ufer aus schaute ein markantes Gesicht unserer Vorbeifahrt aufmerksam zu, während Kinder aus einer Tagesstätte uns am Zaun  lauthals baten, mit dem Schiffshorn zu hupen. Das Horn von Menaje - es stammt noch vom Berufsschiff Therese - tönt laut! 

Am Rand des Finowkanals schaut eine Hausfront interessiert auf die Vorbeireisenden

 
 

Kinder aus einer Tagesstätte bitten uns lauthals, mit dem Schiffshorn zu hupen

 
 

Am Ende des Finowkanals mit seinen 12 Schleusen lag nun die Menaje 36 Meter tiefer als Dagens 2. Diesen Verfall mussten wir schleunigst überwinden, um mit unseren Freunden gemeinsam weiterfahren zu können. Dazu verhalf uns die riesige "Badewanne" (82,5 m lang, 12 m breit und 2,50 m tief), welche im Schiffshebewerk Niederfinow auf und ab bewegt wird. So waren wir denn innert 5 Minuten Fahrzeit wieder auf gleichem Niveau und konnten unsere Reise zusammen fortsetzen.

Altes Schiffshebewerk Niederfinow

Übrigens: Am 4. Oktober 2022 hat das neue Schiffshebewerk in Niederfinow seinen Betrieb aufgenommen und das alte, 1934 in Dienst gestellte, 88-jährige Hebewerk abgelöst.

 
 

Über die Westoder gelangten wir nach dem in Polen gelegenen Stettin/Szczecin und seinem neuen Yachthafen "North East Marina". Glücklich für uns: die Hafenmeister sprachen nebst Polnisch auch Englisch. Mit einem Kleinbus vom Touristik Zentrum MAGNOLIA machten wir eine deutsch kommentierte Stadtrundfahrt. Das hat sich gelohnt und uns einen guten Überblick verschafft. Danach durchstreiften wir das Stadtzentrum und erlabten uns kulinarisch aufs Beste.

Im Bild: Markantes Gebäude des Wasserwirtschaftsamtes von  Westpommern und des Stettiner Passbüros auf der Hakon-Terrasse am Ufer der Oder.
Darunter die Tram, welche dem Ufer entlang den Hauptbahnhof Szczecin Główny mit dem nördlich liegenden See-Hafengebiet verbindet.

Wasserwirtschaftsamt von  Westpommern und Stettiner Passbüro auf der

 
Dobosz Pflaume mit Schokoldenumhüllung Mit einem positiven Eindruck von Stettin brachen wir anderntags früh auf, um das Stettiner Haff bei möglichst ruhigem Wasser zu überqueren und nach Anklam die Peene hochzufahren, nicht ohne Zwischenhalt für eine Nacht in Ziegenort/Trzebież, wo wir uns bei Orka Sp. mit frischem Fisch und bei Dobosz mit feinen Schokoladen-Luxuspflaumen eindeckten. Den Fisch gab's als Abendbrot, die Süssigkeiten hielten etwas länger.
 

Die Peene ist ein sehr träge fliessender Fluss in einem flachen Gebiet. Er kann sich lustig schlängeln und seitlich ausbreiten. Links und rechts finden sich immer wieder Moorlandschaften, die zur Lieferung von Torf als Brennstoff ausgebeutet wurden, im 19. Jh. sogar kommerziell und mit Maschinen.

Das Peenetal

Erkenntnisse über den Wasserhaushalt, die Artenvielfalt und die Nachhaltigkeit haben dem Torfabbau ein Ende gesetzt. Übrig geblieben sind viele, seitlich den Fluss umsäumende Wasserflächen, die heute unter Schutz stehen und ein über mehr als 20.000 ha grosses Naturreservat bilden. Es erstaunt nicht, dass Seeadler hier brüten und häufig zu beobachten sind.

Auch Bieber fühlen sich ungestört und errichten am Flussufer ihre Bauten. - Schnappschuss im Morgengrauen.

 

Als zu preussischen und DDR-Zeiten mit grosser Anstrengung versucht wurde, im Peenetal durch Einpolderung und Wasserabsenkung mehr Fläche für die Landwirtschaft zu gewinnen und grossflächige Forste angelegt wurden, hatte sich das Gesicht der Landschaft gewaltig geändert. Der Düngereintrag entzog vielen Tier- und Pflanzenarten die Lebensgrundlage. Spätestens seit der grossen Sturmflut von 1995 und den durchgebrochenen Deichen wurde das Ruder wieder zugunsten des Natzurschutzes umgelegt und die trockengelegten Flächen der natürlichen Überflutung zurückgegeben. Doch es wird Jahrzehnte dauern, bis sich die angerichteten Schäden ausgewaschen haben.

Biber neben unserem Schiff im Morgengrauen

Künstliche Aufforstungen am Absterben in den renaturierten Naturschutzflächen

Dessen ungeachtet ist die Peene eine natur-touristische Attraktion für Kenner. Wir haben mit unseren Freunden eine passende Art kennengelernt, mitten in diesem Paradies zu übernachten und dem Naturkonzert am Abend und am Morgen zuzuhören. Ihr Schiff Menaje besitzt einen Ankerpfahl, den sie an einer schönen Ausbuchtung des Flusslaufes absenken können und dann still liegen bleiben. Wir konnten mit der Dagens 2 längsseits festmachen und von ihrem Ankerpfahl profitieren. Es erstaunt nicht, dass wir in dieser Paar-Zweisamkeit zusammen speisten, den folgenden Tag planten und fröhlich zusammen ein Brettspielchen machten. So erreichten wir in frei gewählten Etappen am 5. Mai das obere Ende der schiffbaren Peene in Malchin, wo wir freundlich empfangen wurden. Es geschieht nicht oft, dass so grosse Schiffe in den dortigen Yachthafen einlaufen. Viel mehr hätten auch nicht Platz gehabt.

 
 

Abends auf dem Pfahl von MS Menaje am Ufer der Peene verankert

 
 

Von Malchin aus wäre gerade Mal ein 30 km langer Verbindungskanal nötig gewesen, um Waren an der Müritz und damit die Mecklenburgische Seenplatte zu erreichen. Aber das geringe Frachtaufkommen rechtfertigte diese Investition nicht. So ist denn die Peene weiterhin nur über das Stettiner Haff zu erreichen und damit bleibt auch der sommerliche Schwarm der Sportboote grösstenteils auf der Seite der Müritz.

 
 

Ivenacker in Vorpommern: über 1000 jährige Eiche

In der Nähe von Malchin erreichten wir per Rad den Eichenwald von Ivenacker mit seinem Baumwipfelpfad. Da stehst Du plötzlich vor einer über 1000 Jahr alten Eiche mit einem Stammumfang (auf Brusthöhe) von knapp 11 Metern. Die hat schon an diesem Ort gestanden, als sich die drei Urkantone der Schweiz auf dem Rütli ihren gegenseitigen Beistand schworen, und vielleicht auch schon, als König Heinrich II. im Jahr 1014 zum Kaiser des Römisch-deutschen Reiches gekrönt wurde. Was die wohl alles erzählen könnte?

Kennzahlen der über 1'000 jährigen Eiche

 
 

Fast hätten wir hier unsere Freunde aus der Potsdamer Marina am Tiefen See, Susanne und Paul, treffen können, die etwas später von Waren aus einen Ausflug zu den Eichen von Ivenacker gemacht haben.

 
 

Rast in Ivenacker: Willi und Dagmar im Enten-Kooi

Unsere Mitfahrenden, Willi und Dagmar,   hätten es sich wohl im vergrösserten Enten-Kooi in Ivenacker noch lange gut sein lassen, hätten da nicht auf dem Schiff Menaje in Malchin ein paar leckere Fischfilets auf uns gewartet. Also ab und in die Pedale treten!

Leckeres Abendbrot mit Fischfilet in Malchin auf MS Menaje

 
 

 Zum 2. Teil der Reise mit Dagmar und Willi Fortsetzung: Teil 2 der Reise mit Dagmar und Willi

 

 

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