zum früheren Kapitel

zum Inhaltsverzeichnis

zum späteren Kapitel

 

 

Im Dom zu

Fürstenwalde

Der Baum im Wappen von Fürstenwalde steht als Symbol für den Waldreichtum der Gegend. Die beiden am Stamm angeordneten Schilde, welche den schlesischen und den brandenburgischen Adler zeigen, deuten auf die wechselvolle Geschichte der Stadt hin. Dies könnte auch als Verweis auf die jahrhundertelange Grenzlage der Stadt gesehen werden. Der auffliegende Vogel wurde zuletzt als Rabe interpretiert. Der Rabe ist heute zum Stadtmaskottchen geworden.

 

 

Von Königs Wusterhausen aus erreichten wir am 21.4.2017 zusammen mit Peti und Lucy auf ihrem Schiff "La vie" über die Spree-Oder-Wasserstrasse in einer Tagesreise die Stadt Fürstenwalde. Bei einem so nobel klingenden Namen hält man natürlich erst einmal Ausschau nach einem Schloss. Fehlanzeige. Von einer mittelalterlichen Burganlage sind bloss noch Hinweise im Stadtmuseum zu finden. Doch zuerst tasteten wir uns im Oberwasser der Schleuse ganz vorsichtig zum städtischen Wasserwanderrastplatz hinter der Stadtmühle vor, immer auf der Hut, am Grund festzulaufen. Doch nichts geschah, das unserem Ansinnen im Weg stand. So konnten wir denn - dicht von Astwerk umsäumt - am Ende des Mühlegrabens hintereinander festmachen.

 

   
 

Vor unserer Durchfahrt durch die Schleuse Fürstenwalde hatten wir beobachten können, wie ein Schubverband sich teilen und in zwei Anläufen die 67 Meter lange Schleuse passieren musste. Dazu schob er den vorderen, längeren Leichter in die Schleusenkammer und fuhr mit dem kleineren Leichter zurück an den Wartekai. Die antriebslose erste Wanne wurde nach dem Schleusenvorgang durch einen seitlch fahrenden Elektrotraktor aus dem Schleusenbecken herausgezogen und an der Wartekade festgemacht. Danach konnte das Schubschiff mit seinem kürzeren Leichter durchschleusen und sich ausserhalb der Schleuse wieder zum Schubverband zusammensetzen. Ein faszinierender Vorgang für uns Zuschauer, ein Ärgernis für die Schiffer, die dafür mehr Zeit einplanen mussten. Die zeitliche Verzögerung potenzierte sich, sobald mehrere Schubverbände sich im Gegenverkehr vor der Schleuse stauten. Der Ausbau der Schleuse wird längst gefordert und ist geplant, die Realisierung findet aber angesichts des geringen Frachtverkehrs kaum mehr ihre Finanzierung.

 
 

Ein 1200 Tonnen Schubverband muss beim Passieren der Fürstenwalder Schleuse zeitaufwendig abkoppeln. Die blaue Vorrichtung rechts im Bild ist das Ende der Schiene, auf welcher eine elektrische Laufkatze mit Seilhaken die antriebslosen Leichter hinaus zieht.

 
 

Der grosse Kirchenbau von Fürstenwalde war nicht zu übersehen und weckte unsere Neugier. Beim Eingang begrüsste uns ein freundlicher Herr und anerbot sich, uns persönlich durch den Dom zu führen und Wissenswertes über ihn zu erzählen. Mit seinen Ausführungen stiess er bei uns auf wachsendes Interesse und es vergingen im Flug zwei Besichtigungsstunden.

Sehr gefallen hat uns der spätgotische Schnitzaltar, der um 1520 entstanden sein muss. Er stammt - als Dauerleihgabe - aus der Dorfkirche Münchenhofe und zeigt im Mittelschrein eine Madonna auf der Mondsichel, flankiert von einem heiligen Bischof und vom heiligen Ritter Georg mit dem Drachen. Der rechte Altarflügel zeigt die heilige Margarete als Überwinderin des Bösen mit einem gebändigten Drachen. Auf dem linken Flügel ist die heilige Anna selbdritt - also mit ihrer Tochter Maria und ihrem Enkelkind Jesus auf dem Arm dargestellt. Stilistisch steht dieser Altar dem weiter unten erwähnten Sakramentshaus nahe.

 

 

Die erste urkundliche Erwähnung der Stadt Fürstenwalde stammt aus dem Jahr 1272. Die Pfarrkirche St. Marien wurde 1385, als der Bischof von Lebus seinen zerstörten Sitz an der Oder verlassen musste und nach Fürstenwalde verlegte, zum Dom bzw. zur Kathedrale erhoben. Das gab der Stadt einen Bedeutungsschub, der in Konkurrenz zur Universitätstadt Frankfurt/Oder mehr als willkommen war, zumal der Bischof in Amtsunion auch gleich die fürstlichen Rechte und Pflichten über die ganze Region wahrnahm. Im Prozess gegen den Reformator Jan Hus anlässlich des Konzils zu Konstanz im Jahr 1415 beteiligte sich der Fürstenwaldner Bischof Johann IV. (von Borsnitz) als engagierter Ankläger. Deshalb zog er den Zorn der Hussiten  auf sich und sein Bischofssitz Fürstenwalde wurde 1432 zum Angriffsziel der Hussiten. Sie zerstörten die Kathedrale in einer Art Bildersturm. Trotz Reparatur und Fortführung als Bischofssitz hielt die Reformation mit der "Märkischen Kirchenodnung" des Kurfürsten Joachim II. 1540 in Fürstenwalde Einzug und der Dom wurde 1565 - friedlich - zur evangelischen Kirche umgewandelt. Nebst einem Kirchenbrand von 1766 erlitt der Kirchenbau 1945 beim Vormarsch der roten Armee einen beinahe Totalschaden. Was in den Trümmern noch gefunden werden konnte, wurde in den Wiederaufbau integriert. Aber es war zu wenig, um eine Rekonstruktion des Originalzustandes herbeiführen zu können. Innerhalb eines schlichten Mantels im Stil der gotischen Backsteinkunst und unter einem überspannenden neuen Dach findet sich daher heute ein faszinierender Raum aus historischen Säulen, Kapitellen, Gedenksteinen und einem noch vollständig erhaltenen Sakramentshaus, kombiniert mit neuer Möblierung, Raum trennenden Glaswänden und auf Stahlträgern ruhender Empore mit neuer Orgel. Eine durchaus geglückte Verbindung aus Denkmalschutz und zeitgenössischer, funktional bedürfnisgerechter Neunutzung, die beim Besucher ein einzigartiges Raumgefühl aufsteigen lässt.

 

   
 

Eine ganz besondere Erwähnung verdient das Sakramentshaus. Im Kampf gegen das reformatorische Glaubensgut entstand unter Bischof Dietrich von Bülow 1517 dieses 12,5 Meter hohe Glaubenszeichen zur Vergegenwärtigung von Christus im Kirchenraum. Durch eine vorsorgliche Ummantelung aus Beton vor dem Zusammenbruch des 3. Reiches blieb das zierliche Gebilde unversehrt und konnte 1989 durch den Berliner Bildhauer Klaus Krupinski sorgfältig freigelegt und restauriert werden. Es ziert nun den Chorbereich des heutigen Doms als vollständig erhaltenes Original aus der Zeit der Bischofskirche. Es gleicht einem viergeschossigen Turm mit schlanker Spitze. Auf dem tragenden Untergeschoss sitzt das Tabernakel, ein durch Gitter geschlossenes Ziergehäuse, in dem die Hostie zur Schau gestellt wurde. An den Ecken und in den beiden oberen Geschossen zusätzlich auch am innen liegenden Kern der schlanken Architektur befinden sich dreissig Heiligenfiguren.

 
 

Der Dom barg noch viele weitere Geheimnisse, die uns Hubert, unser "Privat-Guide" auf Schritt und Tritt enthüllte und unsere Aufmerksamkeit zu fesseln wusste. Natürlich haben wir ihm auch von unserem Zwischenhalt im Passantenhafen von Fürstenwalde erzählt und ihn eingeladen, unsere Lebens- und Reiseumgebung anschauen zu kommen. Doch zuvor war Durstlöschen angesagt. Im Stadthaus brachte uns das Biermuseum die heiss ersehnte Erlabung und führte uns in mehreren Audiovisions-Stationen die bierbrauerische Erfolgsgeschichte von Fürstenwalde vor Augen.

Noch während wir an der Theke im Biermuseum die Kehlen feucht hielten, anerbot sich Hubert telefonisch, uns zusammen mit seiner Frau Helga ein wenig durch die Stadt Fürstenwalde zu führen und ein paar weitere Sehenswürdigkeiten zu zeigen. Gesagt - getan, und nach ein paar Regentropfen fanden wir uns alle auf unserem Schiff ein, sassen gemütlich zum Abendtrunk zusammen um den Tisch und erzählten aus dem Leben. So endete der interessante Tag spät abends, in kulinarischer und informativer Ausgewogenheit.

 
 


Bernadette      Heinz             Hubert                                                  Luci        Peti                  Helga

 

 

 

 

   zurück zum Seitenanfang

aktualisiert: 7.7.2017 / hg