zum früheren Kapitel

zum Inhaltsverzeichnis

zum späteren Kapitel

 

 

Aufbruch aus Potsdam / Berlin

 

 

 

 

Jedes Leben schreibt eine Geschichte. Sie entfaltet sich vom ersten bis zum letzten Atemzug. Auch wenn viele äussere Faktoren mitwirken, ist es eine persönliche, unverwechselbare Geschichte.

"Biologisch gesehen unterscheiden wir uns nicht so sehr voneinander", bemerkt der Neurologe Oliver Sacks, "historisch gesehen, als Erzählung, ist jeder und jede von uns einzigartig."

aus "der innere Kompass" von Lorenz Marti

 

 

Genau das Gleiche - ein wenig adaptiert - sagen wir von unseren Winteraufenthalten auch, dass jeder der sieben Aufenthalte einzigartig war.

 

 

 

 

Der diesjährige Winteraufenthalt in Potsdam unterschied sich nur in einem: Wir waren die Einzigen im Hafen, die auf einem Wohnschiff lebten und darauf die Wintertage verbrachten, die von der Natur her zwar kalt waren, vom sozialen und kulturellen Leben her jedoch äusserst abwechslungsreich und sehr kurzweilig ausfielen.

 

 

 

 

Mit der Hafenbesitzerin, mit den Hafenmeistern, mit Potsdamer Nachbarn, die wir vor unserer Ankunft in der vorletzten Schleuse vor Potsdam im Oktober kennengelernt hatten, mit den Frauen der Tanzgruppe, in der Bernadette mitzumachen eingeladen wurde, mit allen hatten wir in diesem halben Jahr einen herrlichen sozialen Austausch. Diese Kontakte waren wie ein Schneeball. Immer wusste jemand irgendetwas zu unternehmen, sei es schwimmen zu gehen, ein Konzert zu besuchen oder an einem Workshop in Berlin zum Tanzstil von Pina Bausch teilzunehmen. Ein ander Mal organisierte eine Mittänzerin einen Wandertag, der uns 20 km lang rund um Potsdam bis Caputh und zurück führte. Beim Waschen im Waschsalon haben wir unter anderen eine deutsche Krankenschwester kennengelernt, die im Begriff war, nach Bern umzuziehen, um dort arbeiten zu gehen. Mit Dagmar und Willi, den Berufsschiffern der MS Therese verbindet uns eine ganz schöne Freundschaft, die u.a. zu einer gemeinsamen vorweihnächtlichen Lichterfahrt auf einem Schiff durch Berlin führte und mit denen wir eine Auswahl von Delikatess-Fischen über unsere Geschmacksnerven kullern lassen durften. Das war ja ein Ding!

 

 

 

 

Gäste aus der Schweiz und Schweden haben uns im Herbst wie im Frühling besucht. Unsere Söhne waren zu Weihnachten bei uns. Jeder dieser Tage hat unser Leben hier weiter bereichert. Danke, dass ihr uns immer wieder besucht.

Zur Abwechslung waren wir auch dann und wann in der Schweiz. So genossen wir anfangs Dezember im Kreis vieler geladener Freunde den runden Geburtstag von Bernadette mit einer Weihnachtsgeschichte im Berner Puppentheater.

 

 

 

 

In Begleitung von Freunden besuchten wir den dokumentarischen Film über den Aktionskünstler und Kunstprofessor Josef Ph. Heinrich Beuys, der im Rahmen der diesjährigen Berlinale im nahegelegenen Kino Thalia in Babelsberg gezeigt wurde und worüber die Filmemacher am Ende der Vorstellung ihre persönlichen Erlebnisse aus der Gestehungsphase erzählten.

Ein weiterer Film im selben Kino Thalia beschrieb das Leben des Malers Claude Monet allein anhand von seinen Bildern, den Orten, wo sie gemalt worden waren und Briefen, die er zu dieser Zeit verfasst hatte. Das ergab einen sehr persönlichen Eindruck von diesem Künstler, wie wenn er sich uns selber vorgestellt hätte. So lautete auch der Titel des Films: "Ich, Claude Monet". Mit solchen Programmhöhepunkten verwundert es nicht, dass das Babelsberger Kino Thalia als bestes Kino Deutschlands ausgezeichet worden war.

 

 

 

 

Dass wir etwa zur gleichen Zeit die Eröffnung des Museums Barberini hier in Potsdam miterleben durften, war ein weiteres Highlight, und erst noch mit der Ausstellung berühmter Impressionisten, allen voran Claude Monet.

In einem Gastvortrag im Museum Barberini führte Olaf Küster, Kurator der Fondation Beyeler in Basel, aus, wie Claude Monet versucht hatte, nach seinen eigenen Worten "das Unmögliche zu malen". So ergänzte sich auf unserer Reise das Bild von diesem Künstler und Pionier Schritt für Schritt.

 

 

 

 

Dass wir die preussischen Könige und Kaiser, allen voran König Friedrich II, den Kartoffelkönig, den Philosophen von Sanssouci, den alten Fritz, mit seiner Frau Elisabeth Christine von Braunschweig kennen lernen durften, war auch sehr spannend. Vor dem schillernden Bild über Friedrich II. wird viel zu wenig über seine Frau, Königin Elisabeth Christine gesagt. Sie stand nie so richtig im Rampenlicht, nahm aber zuverlässig und gekonnt über viele Jahre zahlreiche Repräsentationspflichten wahr. Sie erst ermöglichte ihrem Gatten, sich mehr und mehr in philosophierende Gesprächskreise im Schloss Sanssouci zurückzuziehen. Geschieden waren sie nicht, aber sie lebten eine Beziehung auf ihre ganz besondere Art.

Berlin mit all den schönen geschichtlichen und nachdenklichen Sehenswürdigkeiten wie dem Berliner Dom, dem alles überragenden Sendeturm, dem Gendarmenmarkt, dem architektonisch hochgradig moderniseiertem Potsdamerplatz, dem Holocaust-Mahnmal, dem symbolträchtigen Brandenburger Tor, der Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauerstrasse, dem ehemaligen Geisterbahnhof "Nordbahnhof", den Hackeschen Höfen, den Spazierwegen am Landwehrkanal, dem Kraftwerk in Rudow, wo wir mit unsern Berufsschiffer Freunden mitfahren durften, um Holzschnitzel zu löschen (= entladen), der die Stadt durchfliessenden Spree, dem neuen Berliner Hauptbahnhof, der alten Gedächtniskirche mit den vielen Beileidskerzen für die Attentatsopfer am Breitscheidtplatz, den Konzerten in der Berliner Philharmonie, dem Touristenrummel um den Checkpoint Charlie, dem Konzentrationslager Sachsenhausen, alles in allem ein überwältigender Strom von nachhaltigen Eindrücken und auch von Lebendigkeit in dieser pulsierenden Weltmetropole.... und wir mitten drin!

 

 

 

 

Die Führung rund um und zum Reichstag war mit sehr viel Geistesarbeit verbunden, aber unser vernebelter Blick auf der Kuppel war nicht in unsern Köpfen, sondern in der Natur. Pech für die Aussicht, Glück für die umso schönere Innensicht.

 

 

 

 

Das kulturelle Leben in diesem Winter war so reichhaltig, dass wir nach dem Konzert der Gruppe STOMP, nach dem Musikgenuss in der Berliner Philharmonie, im Berliner Dom, nach dem Theaterabend mit Berlinerischen Liedern und Schnulzen und nach den zahlreichen Besuchen im nahegelegenen Hans-Otto-Theater in Potsdam beschlossen,  noch einen weiteren Winter hier zu verbringen.

 

 

 

 

Der Frühling ist wieder erwacht. Mit seinem Blütenzauber bereichert er unser Sehen und unser Leben, mit seinem Pollenflug schafft er uns Arbeit. Das Schiffsdeck muss regelmässig von klebrigem Pollenstaub und Knospenblättern gereinigt werden. Ausserdem kitzelt er allergische Nasenschleimhäute und führt zu Niesanfällen. Aber sonst ist alles gut und wir freuen uns auf die nächste Fahrsaison. Wir wollen zuerst nach Eisenhüttenstadt fahren und uns über die Oder nach Frankfurt (Oder) runtergondeln lassen, vielleicht auch bis Stettin. Mitte Juli sind wir für ein Stadt-Nacht-Festival unter dem Thema "Wasser steht Kopf" zurück in Potsdam und tragen mit "Leben auf dem Wasser" unsern Teil zum Hafenprogramm bei. Im Herbst solls noch eine Rundfahrt über die Mecklenburgische Seenplatte geben, bevor der nächste Kultur-Winter in Potsdam/Berlin uns wieder ummantelt.

 

 

 

 

Für einen Aufenthalt in Schweden im Monat August können wir unser Schiff in der Marina am Tiefen See in Potsdam in Obhut geben und unsern Sohn Rainer mit Freundin Åsa in Stockholm besuchen. Mit Christian und Therese dürfen wir ein paar Tage die Schären vor Stockholm kennen lernen und dann noch einen Abstecher zu Thomas und Lena nach Göteborg machen. Das sind doch tolle Aussichten!

 

 

 

 

Wir wünschen euch allen eine gute Zeit.

Mit freundlichen Oster-Grüssen

Bernadette und Heinz

 

 

 

 

 

Unsere Postanschrift vom 15. Oktober 2017 bis zum 15. April 2018 wird wieder sein:

Bernadette und Heinz Gubler

Schiff Dagens2

Schiffbauergasse 8

144 67 Potsdam

Die Mailadressen sind unvermindert gültig und werden täglich bedient.

bernadette.gubler@bluewin.ch

heinzgubler@aol.com

Siehe auch:   www.dagens2.ch

 

 

 

 

   zurück zum Seitenanfang

aktualisiert: 15.04.2017 / BG