Dagens 2 - Tagebuch

 

 

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18. Oktober 2010

Joggen zu Tagesbeginn ist wieder einmal angesagt. Beim Sportplatz am Dorfausgang entdecken wir einen echten ungeteerten Feldweg. Er verläuft auf einem Damm zwischen Äckern und Feldern hindurch. Es sind Anbaueinheiten von mehreren Hektaren. Ein Landwirt fährt mit seinem Dreischar-Pflug hin und her, wohl den ganzen Tag. Jedenfalls ist am folgenden Tag der ganze Acker umgepflügt und zwei Wochen später spriesst bereits wieder eine Grünschicht. Nach etwa anderthalb Kilometer endet der Feldweg an einem Entwässerungsgraben. Also wieder zurück. Kurz vor der Einmündung in die Hauptstrasse steht ein kleines, dicht mit Büschen umwachsenes Häuschen mit Anbau und der Anschrift "Pottenbakkerij" (=Töpferei). Ein paar getöpferte Müsterchen sind in einem kleinen Werkstattfenster zu sehen. Diese kleine Entdeckung am Wegrand könnte doch das Ziel eines späteren Besuches werden, haben wir doch seinerzeit an Canal de Nivernais in einer ähnlich von Hecken und Büschen umgebenen Töpferei eine gefällige Vase erstanden, die uns heute noch auf unserem Boot begleitet.
Am Nachmitag rekognoszieren wir bei schönstem Sonnenschein den Weg nach Schiphol, dem Flughafen von Amsterdam. Es gibt im Halbstundentakt eine Busverbindung mit einmaligem Umsteigen in Aalsmeer und einer Fahrzeit von knapp einer Stunde. Also kein Problem, um Gäste abzuholen oder wieder hinzubegleiten.
Zum Znacht gibts
ein köstliches Kürbis-Soufflé. Es ist paradiesisch. 

Vase aus der Töpferei bei Schleuse 14 am Canal du Nivernais  Flughafen Amsterdam, Schiphol

19. Oktober 2010

Bernadette möchte filzen. Dazu braucht man Wolle. Weil wir auf unseren bisherigen Einkaufstouren in Gouda und Leiden kaum irgendwo Wolle gefunden haben oder dann nur in ein paar wenigen Farben und schon gar keine Filzwolle, hatte Bernadette am vergangenen Sonntag Abend Fons und Marianne danach gefragt, wo wohl die Wolle der vielen Schafe auf den Weiden zu kaufen wäre. Fons hatte in der Zwischenzeit Google befragt und ein Spezialgeschäft in Uithorn ausfindig gemacht.
Friedlich am Mittagessen, überraschte uns Fons mit der Einladung, uns mit seinem Auto nach Uithoorn zu diesem Fachgeschäft zu fahren. Tatsächlich fanden wir dort ein reichhaltiges Angebot an Wolle, aber immer noch keine Filzwolle. Bernadette deckte sich fürs erste mit Strickgarn ein. Zusätzlich fand sie verschiedene Strickanleitungen für Poncho und originelle Beinwärmer, welche der Ladeninhaber bereitwillig aus Strickheften herauskopierte. Zurück auf dem Boot wurde jedoch klar, dass die zwar anschaulich bebilderten Anleitungen im Text mit so vielen holländischen Abürzungen versehen waren, dass an ein Verstehen nicht mehr zu denken war. Zum Glück gibts Internet. Es fand sich tatsächlich eine deutsche Übersetzung. Nun mögen Wind und Regen kommen. In der warmen Stube werden wir gemütlich abwechslungsreiche Kreationen aus Wolle gestalten können.

Wo wird wohl die Wolle dieser Schafe verkauft?

 20. Oktober 2010

Einkaufstag in Hofddorp. Wir lösten eine Tageskarte und fuhren mit dem öV (Bus) dorthin. Dabei wechselte das Wetter zwischen Regen und Sonnenschein so rasch und launig, dass wir auf der einstündigen Fahrt dreimal einen Regenbogen zu sehen bekamen und beim Eintreffen in Hofddorp sogar mit Hagel empfangen wurden. Nachdem wir in Gouda bereits ein Wörterbuch Holländisch-Deutsch gekauft hatten und oft zu Rate zogen, darin aber keine Aussprachehilfe gefunden hatten, schauten wir uns nun nach einem phonetischen Wörterbuch und einer holländischen Grammatik um. Trotz der Hilfe dreier Buchhändlerinnen und einer Sprachstudentin fand sich in der Datenbank des Buchhandels kein phonetisches Wörterbuch für Holländisch. Erfolgreicher war die Suche nach einer holländischen Grammatik, welche aber erst bestellt werden musste. Dem Wunsch, holländisch zu lernen, entsprang auch der Kauf einer CD, auf welcher unter musikalischer Begleitung die Geschichte von Romeo und Julia erzählt wird, während im Begleitbuch der gesprochene Text nachgelesen werden kann. Diese CD sollte sich zum Gradmesser unseres Lernfortschrittes entwickeln, hörten wir doch aus dem anfänglich als Sprachwirrwarr wahrgenommenen Sprechtext mit fortschreitendem Training erst einzelne Worte, dann einzelne Sätze heraus, bis sie uns auf dem Spaziergang oder beim Essen spontan einfallen und nachgesprochen werden können.
Nebst dem Besuch in der Buchhandlung kauften wir noch zwei neue Kissen mit Überzügen für unsere Gästekabine und kehrten aufs Boot zurück.
Nun hatten wir noch etwas sportliche Bewegung nötig. Bei immer noch launischem Wetter fuhren wir gegen Abend zum Amsterdamse Bos, einer grossflächigen städtischen Grünanlage wie der Bois-de-Boulogne in Paris. Ein Netzwerk von Spazier-, Rad- und Jogging- Wegen führt an Sportanlagen, Waldlichtungen, Badeseen, Aussichtshügeln, Sonnen- und Spielwiesen, Gartenlabyrinth, Wasserkanälen, Freilichttheater und Geissen-Zuchtstation vorbei. Wir marschierten einfach so drauflos, entdeckten im Baumbestand zu unserer Freude an ganz wenigen Orten richtige Fichten und Weisstannen und nährten unsere Hoffnung, an Weihnachten doch noch über echte Tannenzweige zur Dekoration unseres Schiffes zu verfügen. Beim Eindunkeln kehrten wir per Bus zum Schiff zurück, wo Bernadette wiederum ein feines Znacht hervorzauberte.

Im Amsterdamse Bos Vor der Geissenzuchtstation / Streichelzoo Impressionen aus dem Amsterdamse Bos

21. Oktober 2010

Haushalten war angesagt. Wir spazierten gegen Abend nach Kwakel und erkunden für den morgigen Tag den schnellsten Veloweg zum Blumenveiling, der Blumenbörse von Flora Holland in Aalsmeer. So stark wie die Sonne schien, wehte auch der Wind. Er blies uns auf dem Heimweg voll ins Gesicht. In der Abendsonne schauten wir unterwegs den Flugzeugen zu, die sich in Minutenabständen über unsere Köpfe hinweg der Landebahn in Schiphol näherten. Kurz vor Kudelstaart erfreut uns ein prächtiger Sonnenuntergang.

In der Anflugschneise nach Schiphol         Sonnenuntergang über den Westeinderplassen, von Kudelstaart aus gesehen

22. Oktober 2010

Aufstehen, wenn es noch dunkel ist: ja, das machen wir auch nur, wenn wir ins Blumenveiling nach Aalsmeer fahren. Bereits um 7.45 Uhr standen wir in der 600 Meter langen Halle. In ihrer Längsachse liegen fünf Versteigerungsräume. Hier tickt das Herz der Blumenbörse.

Flora Holland Blumenveiling Aalsmeer - Gebäudekomplex mit markierter Haupthalle

Wir sahen durch die Glaswand in einen Raum mit den Versteigerungs-"Uhren" und schauten dem faszinierenden Ersteigern zu:

Versteigerungssaal mit drei Uhren (drei parallele Angebotslinien)

Angebotswägelchen an der Förderkette im Versteigerungssaal

Von einer im Boden eingelassenen Kette werden kontinuierlich Rollwägelchen voller Blumen in den Saal gefahren. An Hörsaal-artig aufsteigend angeordneten Pültchen sitzen die an der Blumenbörse eingeschulten und zugelassenen Blumen-Broker. Sie verfolgen aufmerksam das an die Wand projizierte Angebot, welches zur gleichen Zeit im Wägelchen vor ihren Augen vorbeifährt und von einem Börsensprecher oder -sprecherin kommentiert wird. Per Computer geben sie an ihrem Arbeitsplatz dem Börsenrechner die gewünschte Menge und den Preis ein, den sie dafür zu bezahlen bereit sind. Der Börsenrechner stellt blitzschnell die höchsten Angebote zusammen und projiziert sie nacheinander an die Leinwand, bis alle Blumenbehälter auf einem Wägelchen verkauft sind. Das geht pro Wägelchen im Schnitt etwa 30 Sekunden.

Blumenbörse Aalsmeer: Verteilzone

Blumenbörse Aalsmeer: Verteilzone

Danach verlassen die Wägelchen - immer noch an der Förderkette - den Versteigerungssaal und kommen in den Verteilbereich. Dort erhalten sie aus dem Zentralrechner Etiketten, je eine pro Käufer für seinen Anteil an gekauften Blumenbehälter auf dem Wägelchen. Fleissige Hände laden nun gemäss Angaben auf den Etiketten die Blumenbehälter auf andere Wägelchen um. Sie ziehen diese von Hand oder mit kleinen Scootern, auf denen sie wie Ameisen kreuz und quer durch die Halle navigieren. Diese Wägelchen wiederum werden danach zum wartenden Lastwagen eines Käufers gefahren und dort verladen. Ohne anderweitige Behinderung sollten so die ersteigerten Blumen bereits gegen 16 Uhr im Geschäft des Käufers abgeladen werden können.

Blumenveiling Aalsmeer: Transportbahn

Blumenveiling Aalsmeer: Transportbahn

Die Zuführarbeit zum Verladeort unterstützt auch eine vollautomatische Transportbahn, welche die Rollwägelchen mit einer Geschwindigkeit von 11 km/h über ein verzweigtes Schienennetz von 14 km Länge an die entsprechenden Verladeports für Lastwagen transportiert.

Blumen engros auf dem Weg zum Käufer

Blumen engros auf dem Weg zum Käufer

Als Besucher allerdings gibts in der Blumenbörse Aalsmeer keine Blumen zu kaufen. Trotzdem: Es war ein Erlebnis besonderer Art. Erstaunlich und nur schwer vorstellbar, wie viele Menschen mitwirken, bis eine Orchidee oder ein Bund Rosen in Bern in eine Vase gesteckt und zur Zierde aufgestellt werden kann.

Bei einem Kaffee im Betriebsresaturant kurz vor elf Uhr erholten wir uns vom langen Stehen und Zuschauen. Danach fuhren wir mit unsern Velos ins Geschäftszentrum von Kudelstaart und kauften Blumentöpfe, damit Bernadette endlich selber Tulpen setzen konnte.

Gegen den Abend fuhren wir per Rad zum Heim- und Hobby-Markt Gamma, um einen Schaumgummi-Schlauch zu kaufen. Wir wollten damit den Fuss der Plasticplatte dämpfen, die den Regen von unserem Schlafzimmerfenster fernhält und die bei Wind am Reling geräuschvoll zu flattern beginnt.

23. Oktober 2010

Es regnete in Strömen. Wir fuhren nach Amsterdam und besuchten das Van Gogh Museum. Es gefiel uns sehr. Mit Hilfe des Audio-Guide erfuhren wir so manches über den Lebenslauf von Vincent van Gogh. Der von Gestaltungskraft getriebene Maler war auch ein fleissiger Briefeschreiber. Dank deren Publikation wissen wir heute, welche Ereignisse zu welchen Bildern geführt haben. So ordnen sich seine Bilder in eine Geschichte über sein Leben, über seine Bekanntschaften und Beziehungen, ja auch über seine Wünsche und Visionen ein und erlauben uns, dem Maler in seiner gewaltigen Ausdruckskraft zu begegnen. Ein erlebtes Gefühl, das gerne wiederholt wird. (Mehr über das Museum ....    /   mehr über die virtuelle Sammlung seiner Bilder bei Artsy ...)

Amsterdam: Van Gogh-Museum Van Gogh - Selbstportrait mit Filzhut

Eine Vielzahl von holländischen Museen arbeiten zusammen und verkaufen eine ganzjährige Museumskarte für 40 €. Dieser Museumspass gilt bei den angeschlossenen Kulturinstitutionen als freie Eintrittskarte. Während unseres Aufenthaltes in Holland dürften wir erwartungsgemäss noch einige Museen besuchen. Darum kauften wir uns je eine solche.

24. Oktober 2010

Ein ruhiger Tag. Nach dem Joggen versuchte Bernadette, ein Konzept für die Weihnachtsdekoration auf dem Schiff zu entwickeln. Aber irgendwie will es nicht so ganz gelingen. Am Mittag kam Fons und brachte Wolle aus dem Fundus seiner Mutter, die sie nicht mehr benötigte. Darunter war auch schöne weisse Wolle, was Bernadette spontan dazu anstachelte, einen putzigen kleinen Engel für die Wollenspenderin zu stricken. Daneben waren wir über Skype aktiv am kommunizieren mit Freunden in der Schweiz und mit unsern Söhnen. Welch gute Erfindung! Vor allem, wenn die Übertragungskapazität im Netzwerk ein Telefonieren mit Bild erlaubt.

25. Oktober 2010

Vorbereitung auf den ersten Gast, der an Bord übernachten wird. Bernadette nähte Kissenbezüge für die neu gekauften Kissen in der Gästekabine. Wir gingen einkaufen. Danach buck Bernadette einen Schoggicake und eine pikante Roulade. Daneben blieb noch etwas freie Zeit und Bernadette konnte - zum ersten Mal  auf dem Boot - wieder filzen, derweil Heinz Beiträge für unsere Webseite schrieb.

 

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