Dagens 2 - Tagebuch

 

 

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Die Fahrt von 's-Hertogenbosch nach Gouda

28.August 2010

Nun wird es ernst. Heute "stechen wir in See" und verlassen den Heimathafen an der Werft in ‘s-Hertogenbosch. Rene und Toos van Etten begleiten uns zum letzten Mal und sehen zu, dass wir "seetauglich" werden. Erich und Rainer fahren mit und erleben so das Boot zum ersten Mal in Fahrt. Unsere Reise führt über Rotterdam nach Gouda. Das Boot fährt ruhig. In wechselnder Reihenfolge stehen alle am Steuerruder. Kaum Wind und nicht allzuviel Berufsverkehr. Unsere Funkgeräte sind auf Empfang. Sie kommen jedoch kaum zum Einsatz, denn die Brücken reagieren meist "auf Sicht". Zum Glück kennen unsere Betreuer den Einstieg von Rhein in die Hollandse IJssel. Sonst wären wir plötzlich zwischen Riesenschiffen im Hafen von Rotterdam gelandet. So aber erreichen wir gegen Abend im Schein der sinkenden Sonne den Hafen Turfsingel in Gouda und finden einen ausreichend langen Liegeplatz, zwar ohne Strom und Wasser, aber immerhin ruhig für die nächste Nacht. Mit einem Cupli und Zvieri verabschiden wir van Ettens, die von ihrer Tochter mit ihrem Auto abgeholt werden und zurück nach 's-Hertogenbosch fahren. Sie nehmen Erich und Rainer mit, damit diese unsern Audi holen und nach Gouda überführen können. Nach ihrer Rückkehr gibt es ein spätes Abendessen und eine frühe Nachtruhe. Denn morgen wollen die Jungen früh die Rückreise in die Schweiz antreten.

Aufenthalt in Gouda

29. August 2010 (Sonntag)

Erich und Rainer fahren per Auto frühmorgens wieder in die Schweiz zurück. Nun sind wir erstmals ganz alleine, ohne van Ettens in der Nähe oder die Söhne auf dem Boot. Es regnet. Wir richten unser Schiff ein und gegen Abend macht Bernadette ein feines Nachtessen. Da wir keinen Landstromanschluss haben, kommt nun der schiffseigene Stromgenerator auf seine Rechnung. Jeweils morgens und abends sorgt er dafür, dass wir wieder volle Batterien haben. Mit Argus-Augen verfolgen wir jeweils die Schiffsbewegungen am andern Ufer. Denn dort hats Strom- und Trinkwasseranschlüsse.

30. August 2010

Schon wieder ist eine Fahrt nach Rotterdam-Vlaardingen nötig, weil der Makler weitere Unterlagen fürs online-Banking erhalten hat. Diesmal nehmen wir den Zug. Das läuft super, mit Umsteigen in Rotterdam Centraal. Der Brief von der Bank ist rasch abgeholt. Im nebenliegenden Hafenladen für Schiffszubehör schauen wir uns nach einer Gangway um. Doch solche Sachen finden sich eher bei Schiffsbauer als bei Zubehör-Geschäften. Vorerst kaufen wir eine Schwimmbad-Leiter, um beim Boot ein und aussteigen zu können. Dazu zwei kräftige Saugnäpfe, wie sie von Glasern zum Tragen von Scheiben verwendet werden. Mit ihnen können wir an der regengeschützten Decke vor unserer Eingangstüre eine praktische Stange zum Aufhängen von gewaschenen Kleidern, nassen Windjacken oder Regenschirmen befestigen.

                       

31. August bis 3. September 2010

Mit Jogging-Touren vor dem Frühstück, Velofahrten zu Einkaufsgeschäften und Spaziergängen durch die Altstadt von Gouda lernen wir unseren aktuellen Standort näher kennen. Die vielen Einrichtungsideen, die wir noch haben, führen uns mindestens jeden zweiten Tag in den Heimwerkermarkt "Gamma". Die täglichen Bankgeschäfte mit Hilfe unserer ANB AMRO Bank-Verbindung funktionieren gut. Von der Schweiz aus liefert uns nun Hannes in regelmässigen Abständen per Mail die Briefpost, welche er prüft, Unnützes aussortiert und die wichtigen Mitteilungen einscannt. So können wir online unseren Zahlungsverpflichtungen nachkommen und den Verkehr mit unseren Versicherungen in der Schweiz abwickeln. Diese haben z.T. ihre liebe Mühe mit ihrer Innenorganisation, denn unser Wohnsitz in Kloten und die Postbearbeitung im solothurnischen Luterbach bei gleichzeitiger Auslandsabwesenheit stellt sie vor die grosse Frage, welche Agentur jetzt eigentlich für uns zuständig sei.

4. September 2010

Nach einer Woche mit Generator-Strom gibts auf der anderen Seite des Turfsingel-Hafens in Gouda frühmorgens unerwartet eine für unser Boot ausreichend grosse Parklücke. Ein pensionierter Schiffsführer winkt uns zum Übersetzen heran. Wir unterbrechen flugs unser Morgenessen, starten den Motor und gondeln ganz vorsichtig an den neuen Liegeplatz. Nun können wir uns ans Landstromnetz anschliessen und müssen nicht mehr den Generator laufen lassen. Zumal Strom und Wasser unbeschränkt in der Liegegebühr inbegriffen sind. Keine Halbstunde später wäre der Platz bereits wieder von kleineren Schiffen in Anspruch genommen worden. Den freundlichen Schiffsführer und seine Frau lernten wir in den folgenden Tagen näher kennen.

        

Es war, als hätte der Landstrom auch uns mit Energie geladen. Voller Tatendrang machten wir uns hinter den Schwedenofen im Wohnzimmer. Er war vom früheren Gebrauch übervoll und musste von Asche und Russ befreit werden. Unser neuer Staubsauger mit Wasserfilter kam zum Einsatz. Dieser vermochte jedoch dem ganzen Staub nicht Herr und Meister zu werden. Darum betätigen wir uns als Kaminfeger und russten von Hand. Erst bei der Schlussreinigung kam der Staubsauger wieder zum Einsatz.

5. September 2010

Wir geniessen einen arbeitsfreien Sonntag. Mit dem Velo fahren wir nach Reeuwijk und versuchen dort den gleichnamigen See (Reeuwijkse Plassen) zu umrunden. Das ist gar nicht so einfach, denn der See hat fast keine Tiefe, so dass überall kreuz und quer Dämme mit Strassen hineingebaut worden sind, an welchen sich fleissige Hausbauer eine Parzelle aufschütten liessen und schöne Häuschen am See hinstellten. Ab und zu hats eine Brücke auf der Dammstrasse, unter welcher Verbindungskanäle die durch Abparzellierung entstandenen Wasserflächen verbinden. Natürlich hat hier jeder und jede ein Boot. Bei Zugbrücken gibts jeweils Stau auf der Wasserstrasse, worauf sich auch auf dem Damm schaulustige Velofahrer stauen, was findige Händler erkennen und sofort einen Gelati-Stand nach italienischer Art eröffnen. Womit der Treffpunkt institutionalisiert ist.

 

Die Wege über die Reeuwijkse Plassen sind so verzweigt, dass wir ungewollt im Kreis herum gefahren sind und ein zweites Mal beim Gelati-Stand anlangten. Nach zwei abwechslungsreichen Radstunden traten wir den Heimweg an, fuhren grossflächigen Bauernbetrieben entlang und fanden kreuz und quer durch die Agglomeration wieder zum Hafen zurück. Es ist rassig, in Holland mit dem Velo unterwegs zu sein. Die Fahrradwege, "Fietspad“ genannt, sind sehr für den Velofahrer gemacht. Fast überall haben sie Vortritt.

6. September 2010

Um uns vollständig auf den Wasserwegen orientieren zu können, möchten wir das Navigationssystem „PC Navigo“ kaufen, welches wir bei Urs und Dominique anlässlich unseres Besuches im März dieses Jahres auf der Ria kennengelernt hatten. Die Software wird bei der Erstlizenzierung mit einem USB-Schlüssel ausgeliefert und kann nicht einfach im Internet heruntergeladen werden. Da dies wiederum über eine Postadresse erfolgen muss, gehen wir in Gouda zum Hafenlädeli "Aquarius" und fragen den Besitzer, ob wir seine Adresse angeben dürften. Dieser war sofort einverstanden. Nun haben das "PC Navigo" bestellt und warten hier in Gouda, bis es eintrifft. Beim Hafeneingang steht eine Skulptur, die nach unserer Auffassung einen ausgemergelten Mann darstellt, der mit Mühe einen zufriedenen Esel auf dem Buckel trägt. Allerdings haben wir bis heute noch keine Sinndeutung hierfür gefunden.

     

7. September 2010

Schönes Herbstwetter. Neben dem Einrichten ist vor allem auch das Anpassen der Webseite überfällig. Die Internetverbindung mit dem PrePaid USB-Modem von Vodafone ist zu langsam und zu wenig stabil. Zu unserem grossen Erstaunen findet Bernadettes Laptop jedoch automatisch einen WLAN-Anschluss ohne Zugangssicherung. Plötzlich profitieren wir von einem leistungsfähigen Netzzugang, fast wie früher in Zollikofen. Trotz Webben kommt das Joggen nicht zu kurz. Fast jeden Tag gehen wir uns in irgendeiner Form bewegen. Aber wenn es regnet, können wir gut darauf verzichten.

8. September 2010

Bernadette näht Vorhänge für die Heckseite unserer Wohnküche. Eine kleine näherische Herausforderung, verläuft doch die Vorhangschiene der gewölbten Decke entlang, während die Fensterunterkante horizontal bleibt. Am Ende sollte also der Vorhang mitsamt den eingenähten Wellen oben der Decke folgen und unten gerade verlaufen. Sie schafft das wunderbar. Auch die Flügeltüre erhält aus gleichem Stoff einen Vorhang.

       

10. September 2010

Bernadette schrubbt das Deck. Sie erhofft sich einen schönen Tag. Es regnet aber seit 6 Stunden ununterbrochen. Heinz montiert ein Tablargestell fürs Gästezimmer. Abends Tagebuch schreiben und zum ersten Mal den Schwedenofen in Betrieb nehmen. Das Holz hierzu haben wir am Vortag mit dem Velo vom Baumarkt herangeschleppt. Eine Veloladung reicht gerade für einen Abend lang warme Stube.

11. September 2010

Uns geht es blendend. Wir haben jetzt fast alles eingerichtet. Ob aber der Platz für die Sachen schon der richtige ist, wird sich im Gebrauch zeigen. Wir geniessen Gouda und seine Umgebung. Heute waren wir in der Stadt. Es war zu unserer Überraschung "Monumenten-Dag", Tag des Denkmals. Überall konnten wir gratis eintreten. Ins Stadthaus mit dem pompösen Traulokal, in eine noch drehende Windmühle, auf den Turm der Gouwe-Kirche, ins Käsemuseum, in die Sint Janskerk, der längsten Kathedrale von Holland. Hier spielten zwei grosse Drehorgeln im Wechsel mit der riesigen, wunderschönen, Kirchenorgel. Es war grandios. Rund um diese Kathedrale wurde noch ein „Dritte Welt-Tag“ gefeiert. Alle Kulturen oder Länder präsentierten sich jeweils an einem Stand. Auch boten sie Workshops an mit Djemben und anderen Rhythmusinstrumenten. In der Kathedrale drin liessen wir uns über einen Audio Guide die farbigen Kirchenfenster erklären. Eines der Fenster hat uns speziell Eindruck gemacht. Es erzählt von verschiedenen Religionskriegen. Da war ein Minarett ziemlich im Bildmittelpunkt dargestellt. Dass dies so überleben konnte! Aber die vielen verschiedenen Menschen hier in Gouda mit oder ohne Kopftücher, mit heller oder dunkler Haut, alles lebt miteinander und durcheinander. Wir haben das Gefühl, dass es sehr viele Moslems gibt hier in Gouda. Wenn wir über Land fahren, begegnen uns da und dort Minarette neben Kirchentürmen.

  

Das PC-Navigo ist angekommen. Wir konnten es beim Hafenlädeli abholen. Nun kann Heinz dieses installieren.

11. September 2010

Wir radeln wieder einmal zum Baumarkt und laden unsern Einkaufswagen mit allerlei Benötigtem. Vor der Kasse stellen wir fest, dass wir die Bank- und die Kreditkarte im Schiff gelassen hatten. So machen wir den Einkauf in umgekehrter Richtung und legen die Hälfte der ausgesuchten Ware wieder zurück. Nur das Pack mit Erde zum Setzen der Sonnenblumenkerne und ein Blumentöpfli können wir mit dem Restgeld im Portemonnaie bezahlen und aufs Schiff mitnehmen. Die drei Sonnenblumen-Samen haben wir von Freunden zum Abschied von Zollikofen erhalten. Jetzt spriessen sie hinter unserer Frontscheibe und treiben in die Höhe. Zum Zvieri sitzen wir an Deck an der warmen Sonne. Unser Schiffsnachbar versichert uns, dass auch morgen ein schöner Tag wird.

 

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