aktualisiert: 24.10.2014 / Gu

Besuch von Rita
vom 20. September bis 1. Oktober 2014

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unsere Gäste im April 2014

unsere Gäste im Oktober 2014

 

 

Als Bernadette nach ihrem Schweiz-Aufenthalt aufs Schiff zurückkehrte, kam sie in Begleitung von Rita. Rita war im Jahr 2012 bereits einmal zwischen Katwijk und Dordrecht an Bord mitgefahren, worüber sie zuhause offensichtlich so begeistert erzählt hatte, dass der Kirchgemeinderat auf die Idee kam, ihr zur Pensionierung im Februar 2014 einen weiteren Aufenthalt auf Dagens 2 zu schenken.

Der Reisevorschlag sah vor, von Nancy aus via Toul und Verdun so weit möglich nach Charleville- Mézières zu fahren, von wo aus dann ein Zug sie wieder in die Schweiz zurückführen würde. Weil in der Schiffahrt das planmässige Vorankommen durch meterologische oder wasserbautechnische Vorkommnisse beeinträchtigt werden kann, sah Plan B auch eine Rückkehr von Verdun aus vor.

Doch wie der Zufall so spielt, sollte sich noch eine dritte Variante aufdrängen, welche eine Reise ohne Termin- und Zielerreichungsdruck erlaubte.

Rita an Bord von Dagens 2

 

 

Brasserie Excelsior in Nancy

Nancy als ein Kristallisationskern des kurz vor 1900 entstandenen Jugendstils begrüsste die beiden Reisenden mit einem Willkommenstrunk in der ganz in diesem Stil eingerichteten Brasserie Excelsior nahe beim Bahnhof. Der Weg zum Schiff führte noch an einigen weiteren Gebäuden vorbei, die als typische Ausprägungen des Jugendstils gelten und - trotz laufender städtischer Modernisierung - in ihrer ganzen Pracht erhalten geblieben sind.

Kontrastreich dazu folgte auf dem Place Stanislas die Begegnung mit dem Barock-Baustil schönsten Ausmasses. Dieser touristische Magnet von Nancy war es wert, bei Abendbeleuchtung nochmals zu besuchen. Der Wettergott meinte es gut mit uns und bescherte uns einen prächtig warmen Spätsommerabend auf dem geschichtsträchtigen Platz. Es ist ja nicht unbedingt plausibel, warum sich ein abgesetzter König von Polen, Stanislaus Leszczynski, ausgerechnet als beliebter Herzog von Lothringen entpuppte, während der eigentliche Nachfolger in Wien zum Kaiser des Römischen Reiches Deutscher Nation gekrönt wurde. Alles Fragen, die aber durch die beschauliche Weite des nächtlich erleuchteten, ehemals dem französischen König Louis XV gewidmeten Platzes in den Hintergrund rückten.

 

 

Place Stanislas in Nancy

 

 

Doch genug von Nancy. Rita wollte fahren. Folglich machten wir am nächsten Tag die Leinen los, verabschiedeten uns von allen Freunden im Hafen und fuhren auf der Mosel durch eine herrliche Flusslandschaft nach Toul.

Rita am Steuer von Dagens 2

Auf dem Kanal de la Marne au Rhin - branche est

 

 

Auf der Mosel zwischen Nancy und Toul

 

 

Der Übernachtungsaufenthalt in Toul erlaubte, einen Kurzbesuch in der Kathedrale zu machen. Trotz eines regnerisch verhangenen Himmels überraschte der lichte Innenraum. Die dominierende Gotik des Baus umschliesst im Chor eine barocke Einwandung, die in ihrer Mitte die "Heilige Jungfrau mit dem silbernen Fuss" ehrwürdig zur Geltung bringt. Diese Statue soll 1284 die Stadt Toul geweckt und vor den herannahenden Eroberern gewarnt haben, was ihr die siegreichen und dankbaren Stadtbewohner vergalten, indem sie ihren Fuss versilberten und die Stautue bei Festlichkeiten und Prozessionen durch die Stadt trugen.

 

 

Der barocke Chor der Kathedrale Saint-Etienne in Toul

 

 

Kartenspiel "Wizzard"

Ein Abend auf dem Schiff lief jeweils in drei Phasen ab: In einer ersten Phase kochten Rita und Bernadette ein abwechslungsreiches und farbenfrohes Nachtessen, das wir je nach Abendtemperatur noch auf der Schiffsterrasse geniessen konnten. Dem Abwasch folgte die Phase Spiel. Rita wurde in die Geheimnisse des Kartenspiels "Wizard" eingeführt und erlernte innert Kürze dessen Regeln, so dass wir uns jeden Morgen bereits auf das nächste Spiel freuen konnten. Als dritte Phase durfte Rita jeweils aus einer langen Liste einen Spielfilm aussuchen, den wir uns quasi als Bettmümpfeli anschauten. Nach dem reichhaltigen Tagesprogramm und der frischen Luft auf der Fahrt war dann für eine gehörige Bettschwere gesorgt.

 

 

Die Weiterfahrt war von da an sonnig und warm. Bei Troussey verliessen wir den Canal de la Marne au Rhin und fuhren von da an auf dem Canal de la Meuse "bergab". Die Meuse durchquert die französischen Städte Saint-Mihiel, Verdun, Sedan und Charleville-Mézières, bevor sie bei Givet nach Belgien fliesst. Via Namur, Huy und Liège/Lüttich erreicht sie vor Maastricht die holländische Grenze und heisst von da weg Maas. Die Maas haben wir im Herbst 2012 bis nach Zeeland durchfahren, bevor wir unser Winterquartier im Hafen von Antwerpen aufsuchten. Die Meuse / Maas ist also ein beachtlich langer und internationaler Fluss. Wen wundert's, dass wir unterwegs auch einer internationalen Schar von Schiffleuten begegneten.

Schleusenausfahrt Sorcy 4 auf dem Canal de la Meuse

 

 

Entlang dem Canal de la Meuse konnten wir viele Wasservögel wie Enten, Teichhühner und Reiher beobachten. Höhepunkt war jeweils, wenn uns ein Eisvogel sein Geleit gab.

Entlang der Meuse canalisée vor Saint-Mihiel

Eisvogel

 

 

Église Saint-Etienne in Saint-Mihiel

Saint-Mihiel hielt für uns einen einladenden Schwimmsteg bereit, an welchem wir früh im Nachmittag festmachen konnten. Der warme und sonnige Nachmittag liess uns auf Entdeckungstour in die Stadt gehen. Nach einem erlabenden Anker-Trunk machten wir uns - ausnahmsweise einmal ohne Stadtplan - auf die Suche nach der Kirche Saint-Etienne, die eine sehenswerte Skulptur des spätmittelalterlichen Künstlers Ligier Richier enthalten sollte. Das "Nach-dem-Weg- fragen" bei Einwohnern brachte uns, nicht ganz ohne Irrwege, zum Ziel und zu dieser vom Stil der Renaissance geprägten, in weissem Kalkstein aus der Gegend gehauenen, beeindruckenden "Grablegung Christi", bestehend aus 13 Personen.

Wir hatten schon wieder Durst und genehmigten uns im nahen Bistro einen Apéritiv.

 

 

Die Grablegung Christi, plastische Gruppe erschaffen zwischen 1554 und 1564 von Ligier Richier.

 

 

Von Saint-Mihiel an waren die Schleusen nicht mehr automatisiert. Wir mussten uns daher am Vortag bei der Einsatzzentrale für eine Passage bis Verdun anmelden. Freundliche Schleusenwärter begleiteten uns und bereiteten die Schleusen für eine schlanke Durchfahrt ohne Wartezeiten vor. So gelangten wir zeitig nach Verdun und liessen uns im Touristenbüro über die Sehenswürdigkeiten dieser Stadt informieren und dokumentieren. Im Jahr des 100-jährigen Gedenkens an den Ausbruch des 1. Weltkrieges war natürlich vieles auf dieses Thema eingestimmt.

Doch neben dem Gedanken an diese bedenkenswerten Zeiten des tausendfachen Sterbens war die Stadt voller Leben, voller Studenten, voller Bäckereien und vor allem voller herrlichen Patisserien. Rita machte sich eine Freude daraus, uns immer wieder mit frischem Baguette und neuen Köstlichkeiten aus der Zuckerbäckerei zu überraschen.

Schöne Markthalle mit herrlich reichem Angebot.

Siegessäule in Verdun

 

 

Rita liebt zum Zmorge frisches Baguette

Gemüse, Fische, Pilze, Käse und Fleisch in der Markthalle von Verdun

 

 

Wie schön, nach der morgendlichen Jogging-Tour durch den Parc Japiot in Verdun zurück aufs Schiff zu kommen, wo bereits der Zmorge-Kaffee wartet.

Verdun war mit Sicherheit ein mehrtägiger Aufenthalt wert, zumal das Wetter unsere Unternehmungslust noch steigerte und die warmen Abende zum Verweilen in der Stadt oder auf der Schiffsterrasse einluden..

Am Sonntag bot uns Verdun in der Kathedrale selbst keinen Gottsdienst an, dafür in der Église Sainte-Jeanne-d'Arc (Cité Verte). Ein guter Morgenspaziergang brachte uns über die Anhöhe der Zitadelle zu dieser sehr modernen Kirche in einem ganz jungen Quartier.

Beim morgendlichen Jogging im Parc Japiot von Verdun

 

 

Église Sainte-Jeanne-d'Arc (Cité Verte) in Verdun

Église Sainte-Jeanne-d'Arc (Cité Verte) in Verdun

 

 

An der sonnigen Hafenkade

Nach dem Gottesdienst waren wir zu einem Apéritif der Kirchgemeinde im rückwärtigen Raum der Kirche eingeladen. Doch wir strebten der Sonne zu und genehmigten uns den Apéritif an der warmen Hafenkade inmitten weiterer Touristen. Neben "Kir royal" probierten wir einen "Kir mirabelle" aus: sehr süss.

Von Verdun aus kam die dritte Planvariante ins Spiel. Renate und Peter aus Jegenstorf hatten sich für ein paar Tage Mitfahren auf Dagens 2 interessiert und freuten sich, auch Rita wiederzusehen. Sie wollten mit ihrem Auto anfahren und es jeweils nach der Schiffahrt per Velo wieder an den neu erreichten Standort überführen. Der vereinbarte Treffpunkt war Dun-sur-Meuse.

Bis dorthin hatten wir nochmals eine Reihe von Schleusen mit Handbedienung zu durchfahren. Da wir an diesem Tag das einzige Schiff auf dieser Strecke waren, begleitete uns ein und derselbe Schleusenwärter über alle 9 Schleusen. Welch eine Vorzugsbedienung!

Was lag näher, als bei diesem gleichen Tagesablauf den Schleusenwärter Christian in der Schleuse 23 gleich zum Mittagessen mit einzuladen.

 

 

Mittagessen in Schleuse 23 Brabant

 

 

Es ist unglaublich ! Da fahren unsere Freunde mit dem Auto von der Schweiz aus übers Elsass und Lothringen in die französischen Ardennen zum vereinbarten Treffpunkt in Dun-sur-Meuse, während wir mit dem Schiff von Verdun aus über 10 Schleusen die Meuse hinuntergondeln.

 

 

Neue Gäste an Bord von Dagens 2

Es regnete bei der Ankunft. Wir hatten am Bootssteg kaum angebunden, waren Peter und Renate mit ihrem Auto bereits neben uns. Das Wiedersehen wurde bei einem Ankertrunk gefeiert und unsere Freunde konnten in aller Ruhe ihre Kabine an Bord beziehen.

Natürlich gab's viel zu berichten, aus Zollikofen, aus der Pfarrei, von gemeinsamen Bekannten, die uns liebe Grüsse ausrichten liessen ... bis ein leichter Hunger uns trieb, ein feines Znacht vorzubereiten.

 

 

Ritas fragender Gedanke, ob der abendliche Drei-Phasen-Plan wohl auch zu fünft gehandhabt werden könnte, sollte sich positiv beantworten. So ging dann Wizard zu fünft über die Runde, etwas kürzer, dafür zweimal.

 

 

Wizard-Kartenspiel zu fünft

 

 

Der folgende Tag war Ritas letzter Schiffsreisetag. Wir fuhren bei aufklarendem Wetter von Dun-sur-Meuse nach Mouzon. Die Schleusen liessen sich wieder automatisch bedienen und wir genossen die Umgebung, die dank den sanft hügeligen Ardennen vom Kanal aus gut sichtbar war.

 

 

Ardennen-Landschaft zwischen Dun-sur-Meuse und Mouzon

 

 

In Mouzon krönten wir Ritas Schiffsreise mit dem Besuch des einzigartigen Filzmuseums, welches noch bis zum 31. Oktober 2014 eine faszinierende Sonderausstellung der holländischen Filzkünstlerin Agnes Spruit unter dem Thema "Ronde autour de la Terre-Mère" zeigte.

 

 

Ronde autour de la Terre-Mère von Agnes Spruit

Der Tanz um die Erd-Mutter ist eine Installation rund um einen Baumstamm mit gewachsenen Schwellungen, welche die Künstlerin gefunden und mit Filzelementen eingekleidet hat. Sie hat dadurch den Gegenstand versinnlicht. Die zentrale, 2,1 Meter grosse Figur der Erd-Mutter ist am Boden umringt von Gedichten, die in und auf Filz geschrieben sind. Indem sich der Betrachter von einem Gedicht zum anderen bewegt, dreht er sich wie im Tanz um die Erd-Mutter. Die Erd-Mutter selber zeigt zwei entgegengesetzte Seiten, eine mit offenen Armen beschwingte und freudige Vorderseite und eine geknickte, verbrannte Rückseite. Die Künstlerin drückt damit die immerwährende doppelseitige und sich spannende Beziehung des Menschen zur Natur aus.

Gedicht aus der "Ronde autour de la Terre-Mère" im Filzmuseum Mouzon

 

 

Zur Feier ihres 37. Hochzeitstages luden uns Peter und Renate ins Restaurant "Les Échevins" ein. Wir liessen uns nicht zweimal bitten, doch rätselten wir über das uns unbekannte Wort "Échevins". Noch bevor wir die Speisekarte durchforstet hatten, klärten wir die Frage - Mobile-Phone und Google sei Dank! Es sind zu Deutsch "Schöffen". Wissen wir jetzt mehr?

 

 

Zum 37. Hochzeitstag

Doch seht, was uns der Koch Feines servierte:

Entrée

Amuse-bouche avec soupe de citrouille et pâte aux olives noires

 

 

Plat principal

Emincé de Filet de Boeuf poêlé, sauce béarnaise et ses légumes

Plat principal

Filet de Féra du lac Léman pané à la biscotte et son beurre blanc à la betterave

Plat principal

Roulé de Porc au bleu d'Auvergne bardé de lard et sa sauce au bleu

 

 

Dessert

Mousse vanille mangue sur un biscuit aux amandes et cacao

Dessert

Soufflé à la fraise et son coeur glacé

Dessert

Tartelette pistache et framboises, confiture de lait pistache

 

 

Die mitfeiernden Gäste

 

 

Mit einem ganz herzlichen Dankeschön an die beiden Jubilare und Gastgeber beendeten wir diesen gemütlichen Abend mit Phase 1 und verzichteten auf Spiel- und Filmrunde, denn am nächsten Tag kehrte ja Rita in die Schweiz zurück. Peter ermöglichte ihr mit seinem Auto, den Zug in Metz zu besteigen und mit einmal Umsteigen in Basel wieder nach Bern zu gelangen. So endete mit einer erlebnisreichen Zeit und vielen schönen Erinnerungen, was der Kirchgemeinderat der Pfarrei Sankt Franziskus sich anfangs Jahr als Abschiedsgeschenk zu Ritas Pensionierung ausgedacht hatte.

 

 

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