aktualisiert: 4.9.2013 / BG

Freddys Besuch vom 1. - 10. Juni 2013

Reise Namur - Brüssel     (Gäste im Juni 2013, Teil 1)

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unsere Gäste im Mai 2013
(Teil 3)

unsere Gäste im Juli 2013

 

 

Nach seinem Aufenthalt in der Schweiz kam Freddy am 1. Juni 2013 mit dem Mietauto wieder zu uns an Bord. Wir lagen in Namur. Hier konnte er sein Mietauto zurückgeben und mit uns ohne Autosorgen auf Reisen gehen. Obschon er bereits zum dritten Mal an Bord kam, war es das erste Mal, dass er mit dem Boot reisen konnte. Beim ersten Besuch im Frühjahr 2011 waren wir in Haarlem mit Ausbauarbeiten für die Schiffszertifizierung beschäftigt. Der zweite Besuch war zu kurz und diente Freddy als Rast nach der halben Weltumrundung. Diesmal stand genügend Zeit zur Verfügung und ausser dem Rückflugtermin waren keine weiteren Einschränkungen zu berücksichtigen. Geplant war, von Namur via Charleroi nach Brüssel zu fahren. Doch bevor wir losfuhren, wollten wir mit Freddy noch einen Blick in die Stadt Namur werfen.

 

 

 

 

Es war gerade "Tag der offenen Kirchen". Namur umfasst viele Gotteshäuser mit Ursprüngen bis weit ins Mittelalter zurück. Überall waren von einem Sachkundigen kommentierte Gruppenführungen zu geniessen. Da Namur der Sitz eines Bischofs ist, hat es eine Kathedrale. Wir richteten unsere Schritte folglich zur Kathedrale, wo ein "Guide" auf französisch viele Details zur Innenausstattung und zur Geschichte des Bauwerks zu berichten wusste.

 

 

Neben der Führung durch die Kathedrale war auch noch ein Carillon-Konzert angekündigt. Hinter der Kathedrale lag der Eingang zum Glockenturm. Wir durften den Turm erklimmen, sahen die Glockenreihen hangen und den Spieltisch des "Beiaardiers", wie der Glockenspieler auf flämisch heisst. Er demonstrierte uns mit ehrfürchtigem Stolz "sein" Instrument, erklärte den ausgeklügelten Mechanismus zur Übertragung der Kraft von der Klaviatur bis zum Hammer an der Glocke und liess Müsterchen hören.

 

 

Dazwischen spielte er jeweils ganze Werke, die entweder direkt für ein Glockenspiel komponiert oder die als Orgelmusik vom Beiaardier umgeschrieben worden waren.

 

 

 

Auf dem Heimweg zum Schiff sahen wir am gegenüberliegenden Ufer die Zitadelle von Namur, die wir Tage zuvor mit Marianne bestiegen hatten.

 

 

 Dann endlich, am 3. Juni 2013, verliessen wir mit Freddy an Bord die Stadt Namur und fuhren den kanalisierten Fluss "Sambre" hoch.

 

 

 

 

Schon kamen wir vor die erste Schleuse und mussten auf die Gegenfahrt warten. Es war viel Eisen unterwegs, denn wir fuhren ja in das Gebiet, das bis in die Fünzigerjahre des vorigen Jahrhunderts mit Minenbau und Stahlindustrie in voller Blüte stand. Die Lufttemperatur war eher kalt.

 

 

 

 

 

 Mit zunehmendem Fahren wurde es aber wärmer, ...

 

 

 

 

 

 ... so dass wir den Abend bei unserem Übernachtungsort in Auvelais bereits im Freien sitzen konnten. Nebenan lag MS "Tortus" mit einem englischen Paar Bruce and Chris. Das führte zu einem Abendtrunk und gemütlichem Beisammensein mit fröhlicher Unterhaltung, bei der Freddy dank seinen Englischkenntnissen wacker mithalten konnte.

 

 

 

 

 

Freddy stand immer sehr früh auf. Er nannte sich selbst einen "Early Bird". Der Morgen in Auvelais war sonnig und klar. Nichts hielt uns zurück, joggen zu gehen. So war es denn völlig normal, dass auch das nächste, in dieser Frühe vorbeifahrende Berufssschiff "Early Bird" hiess.

 

 

 

 

 

Auf der Weiterfahrt nach Charleroi informierten uns die Schleusenwärter bei jeder Schleuse, dass wir in Charleroi bei der Schleuse Marcinelle wegen einem Streik ihrer Berufskollegen steckenbleiben würden. Wie lange der Streik dauere, wüssten sie nicht. Wir fuhren also vorgewarnt bis zu dieser Schleuse mitten in Charleroi. Dann kehrten wir wieder um und suchten von da weg den nächstliegenden Warteplatz. Es war eine Industriekade ein wenig ausserhalb von Charleroi. Wir konnten ganz ruhig anlegen. Kein Berufsschiff kam vorbei und es war herrlich. Während Freddy das Boot bewachte, besuchten Bernadette und Heinz mit dem Velo die Stadt und brachten noch ein paar Einkäufe mit zurück, die den Abend auf der Schiffsterrasse bereicherten.

 

 

 

 

Am andern Morgen hörten wir ziemlich früh, dass Berufsschiffe unsere Dagens 2 passierten. Folglich musste der Streik vorüber sein. Ja, das war genau so. Wir machten die Leinen los und fuhren dem nächsten Berufsschiff hinterher. Zum Glück hatten wir nicht unmittelbar vor der Schleuse festgemacht. Von der dortigen Schrottentladehalle dröhnte nach der gestrigen Sonntagsruhe wieder viel Lärm in die Umgebung.

 

 

 

 

Den Kanalrand säumten grosse, rostrote Stahlkolosse, die von früheren Blütezeiten zeugten, nun aber grösstenteils stillgelegt waren. Wieviel wird da wohl der Abbruch noch kosten, bevor das verkehrsmässig attraktive Kanalterrain mit andern wirtschaftlichen Unternehmungen neu besiedelt werden kann?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Just als wir in den Kanal "Charleroi - Brussel" einbogen, lugte die Spitze vom Frachtschiff "Insomnia" aus dem Sambre-Kanal hervor. Überraschung. Kurzer Funkkontakt. Es war das grosse Frachtschiff, dessen Eignerfamilie wir bei unserem ersten Aufenthalt in der Werft Tinnemans & Zn in Maasbracht kennengelernt hatten. Auch sie waren wegen dem Schleusenstreik auf Warteposition, um nach Namur runterzufahren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ja, auch wir sind Verursacher von diesem Schrott, der da am Ufer gestapelt wurde !!! Schön, dass es Menschen gibt, die unter Lärm- und Staubbelastung diesen weiter verarbeiten und für eine Neuverwendung aufbereiten.

 

 

Wir verliessen die Stadt Charleroi und fuhren nach Ronquières, zum Schräglift, von dem uns schon so viele Freunde erzählt hatten. Oberhalb vor dem linken Lift konnten wir anlegen und das beeindruckende Bauwerk besichtigen. Es entsprach der Bergstation einer Standseilbahn, nur war der "Bahnwagen" etwas grösser, etwas schwerer und benötigte deshalb etwas mehr Räder, etwas mehr Gegengewicht und etwas mehr Stahlseile.

 

 

 

 

 

 

Ein herrlich warmer Abend mit schönster Aussicht in die Umgebung und einem traumhaft schönen Sonnenuntergang bereitete uns auf das Vergnügen vor, morgen über diese Seilbahn hinunter gleiten zu dürfen.

 

 

 

 

 

 

 

Hei Freddy, danke für den Strauss selbstgepflückter Blumen


Sonnenuntergang in Ronquière
s

 

 

 

 

Am andern Morgen um 8.00 Uhr waren wir an der Reihe und durften nach unten fahren.

 

 

 

 

Nun hiess es einfach Vertrauen haben in die Technik ...

 

 

 

 

... in das dichte Schliessen der Wannentore ...

... in die 8 Stahlseile ...

 

 

... in das Gegengewicht und den Arretierungs-
haken ...

 

 

... in die über 200 Räder auf den 4 Schienen....

 

 

 

 

... und in den Lliftwärter, der in der Kabine mit uns fuhr.

 

 

 

 

Es ging ganz friedlich runter. Das Wasser in der Wanne trug unser Schiff bewegungslos zu Tal.

 

 

 

 

Nach rund 20 Minuten war die einzigartige Talfahrt zu Ende. Alle Sicherungshaken ein- bzw. ausgeklinkt und schon ging unsere Reise weiter über Ittre nach Halle. Das Thermometer war inzwischen auf fast 30 Grad im Schatten geklettert. Am Stadtkai in Halle, schräg gegenüber dem Bahnhof und direkt am Rand des Stadtkerns, konnten wir festmachen. Es hatte sogar einen Münzstrompfahl, so dass wir den Generator nicht anwerfen mussten.

 

 

 

 

In Halle fanden wir einen ganz subtilen Schuhladen namens "Subtiel". Da kaufte sich Bernadette spontan einen offenen, überaus weichen und bequemen Sommerschuh.

 

 

 

 

 

 

 

Entlang dem Kanal Charleroi-Brüssel joggten wir zu einem teilgeschützten Naturgebiet, worin ein alter Wachtturm stand. Er mahnte uns sehr an die entsprechende Schachfigur und bot von oben eine herrliche Rundsicht über das ins Morgenlicht getauchte Gelände. Mit einer Schlaufe über den Bahnhof von Halle kehrten wir zurück zum Boot und zur Dusche.

 

 

 

 

Unser nächstes Tagesziel war der Königliche Yachthafen von Brüssel BRYC (Bruxelles Royal Yacht Club). Die Fahrt dorthin gestaltete sich sehr gemütlich und langsam. Sie führt die Rangliste der auf unseren Reisen gefahrenen Durchschnittsgeschwindigkeiten von unten her an.

 

 

 

 

Vor jeder Schleuse und jeder bewegbaren Brücke mussten wir warten. Das Berufspassagierschiff *The Ark* vor uns fuhr die ganze Strecke sehr, sehr langsam, langsamer als Schritttempo, in der Hoffnung, dadurch vor der nächsten Brücke/Schleuse nicht anhalten und festmachen zu müssen. Mit relativem starken Wind im Kanalgraben meisterten wir die Strecke trotz wenig Fahrt doch noch einigermassen gut.

 

 

 

 

Erst bei der letzten Schleuse in Brüssel hörten wir über Funk, dass ein vorausfahrender Berufsschiffer sich entschuldigte. Er sei halt das erste Mal mit so einem schleusenfüllendem Schiff unterwegs. Darum sei er bei jeder Schleuse so langsam und vorsichtig gefahren. Naja, war doch ein Grund. Wir hatten umso mehr Zeit, die Häuser und Betriebe links und rechts vom Kanal anzuschauen. Aber ausser dass die Strassen sehr belebt waren, sind die Gebäude weder historisch noch architektonisch von nennenswertem Ansehen.

 

 

Im BRYC liess Nachbarshilfe fürs Anlegen nicht auf sich warten. Wir waren kaum in der reservierten Lücke, lagen wir auch schon vierfach angebunden.

 

 

Wir waren am Ziel unserer Schiffsreise mit Freddy angelangt. Bis zu seiner Abreise nach Paris und weiter nach Phnom Penh blieb noch etwas Zeit für Brüssel. Da Freddy diese Stadt bereits von einem früheren Besuch her kannte, war er interessiert zu sehen, wie sie sich verändert hatte. Zu diesem Zweck bestiegen wir die Anhöhe vom Coudenberg, der einen schönen Blick über die historische Altstadt bot. Zugleich trafen wir da auf mittelalterlich gekleidete Personen, die zum Gratis-Besuch des ehemaligen Coudenberg-Palastes einluden.

 

 

 

 

Was war denn das nun wieder? Voll Neugierde liessen wir uns auf diese Einladung ein und stiegen via Zugangsschalter ins Mittelalter hinab, nämlich in die bei der Strassenerneuerung ausgegrabenen Mauerreste und Kellergewölbe eines über mehrer Jahrhunderte aufgebauten und stets erweiterten Palastes. Hier wurde der spätere Keiser Karl V im Jahr 1515 frühzeitig für volljährig und damit für regierungsfähig erklärt, hier residierte er danach periodisch mit seinem gesamten Hofstaat und hier dankte er am 25. Oktober 1555 ab und verzichtete zugunsten seines Sohnes Philippe II auf den spanischen Thron (König von Spanien) und zugunsten seines Bruders Ferdinand I auf die Kaiserwürde. Das war der Ort, wo einst Weltpolitik geschrieben wurde! Und wir wandelten auf den historisch gleichen Pflastersteinen durch die Gemäuer.

 

 

 

 

Der Palast war für die damalige Baukunst riesig und muss auf jeden, der ihn gesehen hat, mächtig Eindruck geweckt haben, bis er 1731 durch einen Brand zerstört wurde. Die nachfolgenden Neubauten folgten einem andern Stil und kannten noch nichts von Denkmalschutz, weshalb die Brandruine ausgeebnet und die Neubauten einfach etwas erhöht darauf gesetzt wurden.

 

 

 

 

 

Nach gut zwei Stunden Aufenthalt und rumstöbern im Mittelalter rief uns der Durst und der Hunger wieder in die Gegenwart zurück. Wir schlenderten am Musikinstrumentenmuseum mit seiner Jugenstilfassade vorbei ...

 

 

 

 

... zum Park vor der königlichen Bibliothek dem Zentrumsplatz "Grote Markt" zu, ...

 

 

 

 

 

 

 

... wo wir uns im "Le Roy" mit belgischem Bier, belgischen Pommes und Brüsseler Waffeln verköstigten, bevor wir den besten Weg zum Schiff zurück heraussuchten.

 

 

 

 

Am 10. Juni 2013 begleiteten wir Freddy per Tram nach Brüssel Zuid, wo er in den TGV nach Paris eincheckte. In seinen Koffern exportierte er aus Bernadettes Küche feine frischgebackene Luzerner Lebkuchen, welche nach einem langen Flug heil, ganz und vom Zoll unberührt in Phnom Penh ankamen.

 

 

 

 

Wir hatten diese Reise mit Freddy sehr genossen mit all den Entdeckungen und Erfahrungen, der Begegnung mit den Industrie-Ruinen entlang dem Kanal in Charleroi, der Gondelfahrt auf dem Schräglift von Ronquières, die Geduldsfahrt hinter dem Berufsschiffer her durch Brüssel, die Begegnung mit dem historischen Boden von Karl V und die vielen verschiedenen Biere, die wir mit ihm zusammen gekostet hatten, ganz zu schweigen vom herrlichen Wetter, das uns über die ganze Strecke begleitet hatte, gell Freddy!

 

 

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